Lauren Wolk

03.2019 Lauren Wolk ist mit ihrem Roman "Eine Insel zwischen Himmel und Meer" die Preisträgerin des Buch des Jahres 2018 auf Jugendbuch-Couch.de. Chefredakteuer Julian Hübecker nutzte die Gelegenheit ihr ein paar Fragen zu stellen.

Jugendbuch-Couch: Nochmals herzlichen Glückwunsch zum „Jugendbuch des Jahres 2018“! Was bedeutet es Ihnen, dass Ihr Buch auch bei internationalem Publikum so gut ankommt?

Lauren Wolk: Kunst ist ein machtvolles Kommunikationsmedium. Es freut mich einfach, zu wissen, dass ich durch meine Bücher mit Leuten auf der ganzen Welt im Austausch stehen, das, was mir wichtig ist, zum Ausdruck bringen und Brücken schlagen kann zu so vielen Menschen, die lesen, entdecken und andere verstehen möchten. Ich bin sehr dankbar dafür, dass Eine Insel zwischen Himmel und Meer zum Jugendbuch des Jahres gekürt wurde. Durch solche Auszeichnungen kann ich mit meinen Büchern noch mehr Leser erreichen. Vielen Dank!

Jugendbuch-Couch: Uns haben vor allem die Stärke der Protagonistin Crow und die Beziehung zum Ziehvater Osh beeindruckt. Fällt es Ihnen eigentlich leichter Charaktere mit Stärken oder mit Schwächen auszustatten?

Lauren Wolk: Ich muss zugeben, dass ich während des Schreibens gar nicht so viel darüber nachdenke. Wenn ich die Geschichte dann doch einmal kritisch unter die Lupe nehme (meist habe ich sie dann schon komplett zu Papier gebracht), mache ich gar keinen Unterschied zwischen den Stärken und Schwächen meiner Figuren. Crow und Osh reagieren auf ihre Schwächen mit neugewonnener Stärke, und sie sind besonders verletzlich in Situationen, die Mut und Entschlossenheit fordern. Ich mag Menschen, die vielschichtig sind. Dementsprechend versuche ich, auch meine Figuren vielschichtig zu gestalten, voller Widersprüche und offen dafür, sich weiterzuentwickeln. Charaktere zu erschaffen, die wie echte Menschen aus Fleisch und Blut wirken, ist nicht einfach, aber das Schreiben geht mir vor allem dann leicht von der Hand, wenn ich ihre Stimmen hören und ihre Gesichter praktisch vor mir sehen kann. Dazu muss ich sie sehr gut kennen, mitsamt ihren Fehlern.  

Jugendbuch-Couch: Im Buch erfahren wir einiges über Crows Geschichte, aber gibt es nur wenige Andeutungen zu den Hintergründen von Oshs Vergangenheit: Können Sie uns mehr dazu sagen, welche Sprache er spricht und aus welchem Land er kommt oder warum er sich diesen einsamen Ort ausgesucht hat?

Lauren Wolk: Die Frage wird mir oft gestellt, und meine Antwort ist immer die gleiche: Ich weiß nur das, was Crow weiß. Ich habe die Geschichte mit ihrer Stimme und durch ihre Augen erzählt, deshalb kann ich nur weitergeben, was sie mir weitergegeben hat: dass Osh aus einem Teil der Welt stammt, der von Gewalt geprägt war, wo Menschen gegeneinander ausgespielt wurden, und dass er von dort entkommen wollte. Angesichts des Zeitfensters würde ich vermuten, dass er irgendwo aus Osteuropa stammt, möglicherweise aus der Ukraine. Ich glaube, er hat sich an diesen fernen, einsamen Ort zurückgezogen, weil die Menschheit ihn enttäuscht hat. Bis Crow in sein Leben tritt. Und Miss Maggie. Aber ganz sicher bin ich mir auch nicht. Da muss man ihn schon selbst fragen.

Jugendbuch-Couch: Beim Lesen hat man das Gefühl, den rauen Wind zu spüren und das salzige Meer zu riechen. Wie viel Zeit haben Sie auf den Elisabeth-Inseln verbracht, welche Verbindung haben Sie zu den Inseln, um die Atmosphäre so gut einzufangen?

Lauren Wolk: Ich wohne auf Cape Cod, also nur einen Katzensprung von der Elisabeth-Inselkette entfernt. Ich bin vom Meer umgeben und mir geht es am besten, wenn ich es sehen, riechen und seine wilden Weiten spüren kann. Als ich dieses Buch anging, habe ich also mit dem Setting angefangen (das mache ich immer so), es dann langsam ausgebaut und alles mit einfließen lassen, was ich über das Leben an der Küste weiß. Ich bin auch schon auf Cuttyhunk und Penikese gewesen und habe dort das ein oder andere über Einsamkeit und Abgeschiedenheit gelernt, aber der Ozean selbst hat mir den Löwenanteil dessen beigebracht, was ich über Crow und ihre Heimat wissen musste.

Jugendbuch-Couch: Ihr Buch eignet sich – mit Crows Geschichte voller Wendungen und der beeindruckenden Landschaft, dem Meer und der intakten Natur – meiner Meinung nach hervorragend für eine Verfilmung. Gibt es bereits Pläne oder Verhandlungen, über die Sie sprechen dürfen?

Lauren Wolk: Tatsächlich befinde ich mich gerade in Verhandlungen über eine Filmadaption, und die Aussicht, Crows Geschichte im Kino neu zu sehen, finde ich sehr spannend. Aber das ist noch in einer zu frühen Phase, um schon über Details zu sprechen. Ich hoffe, dass es dazu bald mehr zu berichten gibt.

Das Interview führte Julian Hübecker im März 2019.
Übersetzt aus dem Englischen von Yannic Niehr.
Foto © Paul Blackmore

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