Eine Insel zwischen Himmel und Meer

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2018
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  • dtv, 2017, Titel: 'Beyond the bright sea', Originalausgabe
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Lisa Reim-Benke
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Jugendbuch-Couch Rezension vonFeb 2018

Meisterhaft erzählte Geschichte über Zugehörigkeit und das, was wirklich zählt

Es ist ein ganz normaler Morgen im Jahre 1913, als ein kleines Boot mit einem nur wenige Stunden alten Neugeborenen an der Küste eines kleinen Eilands vor der Insel Cuttyhunk, Massachusetts angespült wird. Gefunden wird das kleine Mädchen von dem Einsiedler Osh, der sich ihm annimmt und es auf der rauen Inselwelt zusammen mit der auf Cuttyhunk lebenden Miss Maggie aufzieht. Crow wird das Mädchen genannt, denn ihren wahren Namen oder ihre Herkunft kennt niemand. Von den Dorfbewohnern wird sie, die Fremde, sogar als mögliche Aussätzige gemieden. Lange Jahre stellt dies für Crow kein Problem dar. Doch als sie zwölf Jahre alt ist steigen in ihr Fragen hoch, Fragen zu ihren Eltern und warum diese sie einst in einem Boot aufs Meer hinausgeschickt hatten. Zusammen mit Osh und Maggie versucht Crow mehr über sich selbst herauszufinden, vielleicht sogar ihre Familie aufzuspüren, ohne zu ahnen, dass sie diese schon längst gefunden hat.

"Eine Insel zwischen Himmel und Meer" ist der zweite Jugendroman der amerikanischen Autorin Lauren Wolk. Mit diesem aktuellen Werk ist ihr eine fesselnde und zugleich rührende Geschichte gelungen, die besonders die Bedeutung der Familie ins Zentrum der Handlung stellt. Crows ambitionierte Versuche, mehr über ihre wahre Identität herauszufinden, entwickeln sich zu einer spannenden Mischung aus Detektiv- und Abenteuergeschichte. Darüber hinaus besticht der Roman durch seine thematische Vielschichtigkeit: Mut, Habgier, Verzicht, Einsamkeit und Intoleranz werden genauso behandelt wie das damalige Leben in einer von Schlichtheit geprägten Inselwelt.

Handwerklich beeindruckend erzählt

So fesselnd die Handlung um Crow auch ist, so ist es doch der wundervolle Erzählstil, der dieses Buch besonders macht. Mit poetischer Sprachgewandtheit, jedoch zugleich mit einnehmender Klarheit, gelingt es Lauren Wolk ihrer Protagonistin eine Stimme zu geben, die den Leser von der ersten Seite an verzaubert und der man gerne in jeden Winkel der Elisabeth-Inseln folgt. Unterschwellig wirkt der Text an vielen Stellen philosophisch und regt zum Nachdenken an, ohne jedoch zu aufdringlich oder mit der Moralkeule daherzukommen. Ganz im Gegenteil: Der Roman strahlt trotz der aufregenden Handlung und der emotionalen Thematik eine angenehme Ruhe und Bedachtsamkeit aus.

Was einen guten Roman stets ausmacht sind glaubhafte Figuren, schließlich sind sie es, die eine Geschichte erst ins Rollen bringen. Auch dies macht Lauren Wolk hier genau richtig. Ihre drei Hauptcharaktere können durchweg überzeugen: Osh, Crows in sich gekehrter aber liebevoller Ziehvater, die robuste und herzensgute Miss Maggie und natürlich Crow, die kluge und neugierige Erzählerin der Geschichte. Sie lässt den Leser stets teilhaben an ihren Emotionen, seien es ihre Liebe und Zuwendung zu Osh und Maggie oder ihr Zwiespalt zwischen Neugier und Angst, als sie immer mehr über ihre wahre Familie erfährt. Gleichzeitig gelingt es ihr auch die anderen Figuren so darzustellen, dass man sofort Zugang zu ihnen findet, sie lebendig wirken und man am Ende des Buches am liebsten noch mehr Zeit mit ihnen verbringen möchte.

Fazit:

Crow und ihr Schicksal werden sowohl viele junge als auch ältere Leser ansprechen: Den eigenen Platz in der Welt zu finden und mit Zurückweisungen zurechtzukommen sind Themen, mit denen sich Heranwachsende auch (oder gerade) heutzutage konfrontiert sehen. Ganz zentral ist jedoch die schöne Botschaft des Textes: Eine Familie zu sein bedeutet nicht unbedingt, von gleicher Abstammung sein zu müssen. Vielmehr macht eine Familie genau die Art der Verbundenheit aus, an der uns Osh, Maggie und Crow in dieser Geschichte teilhaben lassen.

Eine Insel zwischen Himmel und Meer

Lauren Wolk, dtv

Eine Insel zwischen Himmel und Meer

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