Die Beschenkte

  • Carlsen
  • Erschienen: Januar 2009
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  • Carlsen, 2008, Titel: 'Graceling', Originalausgabe
Die Beschenkte
Die Beschenkte
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Corinna Abbassi-Götte
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonOkt 2009

Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte

Eine junge Frau mit der Gabe des Tötens, von allen gefürchtet und gemieden. Doch dann trifft sie auf einen jungen Mann, der keine Angst vor ihr hat, und verliebt sich in ihn!

"Die Beschenkte" spielt in einer typisch mittelalterlichen Welt. Neben den normalen Menschen gibt es die sogenannten Beschenkten, die über die verschiedensten Gaben verfügen – Kämpfen, Gedankenlesen, Manipulation ... Sie sind an ihren unterschiedlich gefärbten Augen zu erkennen und werden oft gemieden, da die Menschen sich vor ihnen fürchten.

Diese Erfahrung hat auch die junge Frau Katsa gemacht. Sie ist eine Beschenkte, die augenscheinlich über die einzigartige Gabe des Tötens verfügt. Ein falscher Handgriff, ein zu fester Schlag, und der Angreifer ist tot. Von Geburt an mit dieser Gabe bedacht, musste sie bereits als kleines Mädchen lernen, diese zu beherrschen. Für König Randa zieht sie schon lange aus, jene zu bestrafen, die nicht in seinem Sinne handeln.

Obwohl sie einen geheimen Rat gegründet hat, der im Verborgenen für Gerechtigkeit sorgt und überall Verbündete besitzt, kann man ihre Freunde an einer Hand abzählen. Durch ihre Gabe und als Vollstreckerin des Königs wird sie gefürchtet und gemieden.

Katsas Geschichte beginnt mit einer Befreiungsaktion des Rates. Der Vater des Königs von Lienid wurde entführt. Katsa und ihre Vertrauten befreien und verstecken ihn. Noch während der Befreiungsaktion steht Katsa plötzlich einem anderen Beschenkten gegenüber, einen jungen Mann aus Lienid, der augenscheinlich über die Gabe des Kämpfens verfügt. Diese bringt stets den Sieg, doch Katsas Gabe ist mächtiger: Sie schlägt ihn kurzerhand bewusstlos. Kaum zurück am Hof von König Randa trifft sie den Fremden schon wieder. Er ist der Enkel des Entführten und trägt den klangvollen Namen Greening Grandemalion - glücklicherweise kurz Bo genannt. Und er ist selbstverständlich auf der Suche nach seinem Großvater und möchte herausfinden, warum er entführt wurde.

Da Katsa nicht länger als brutale Vollstreckerin des Königs arbeiten will, verlässt sie mit Bo den Königshof, um ihm bei seinen Nachforschungen zu helfen. Während sie auf der Suche nach Antworten gemeinsam durchs Land ziehen, verlieben sie sich ineinander. Außerdem hilft Bo Katsa, ihre Gabe besser zu kontrollieren, und Katsa beginnt, sich selbst endlich so zu akzeptieren, wie sie ist.

Ihre Nachforschungen führen sie letztendlich zu einer weiteren beschenkten Person mit einer überaus gefährlichen und scheinbar unbesiegbaren Gabe. Die Gefahr ist so groß, dass Katsa und Bo sich trennen müssen - und ein Wiedersehen ungewiss ist.

Außergewöhnliche Fähigkeiten, die Suche nach der Wahrheit, düstere Geheimnisse, Machtgier, Gut und Böse, eine Reise, wichtige Entscheidungen ... Wirklich neu ist das alles zwar nicht, doch Kristin Cashore baut daraus eine ganz eigene, neue Geschichte. Dabei konzentriert sie sich hauptsächlich auf ihre Hauptpersonen Katsa und Bo. (Die anderen Personen bleiben im Gegensatz zu ihnen ein wenig blass.)

Bo ist zwar kein Mann, für den ich vorbehaltlos ins Schwärmen geraten würde, doch er kommt insgesamt sympathisch rüber. Er ist tolerant, aufmerksam, ehrlich und erträgt Katsas Selbstfindungslaunen mit stoischer Gelassenheit. Seine Gabe bietet, nebenbei bemerkt, wohl die meisten Überraschungen. In Katsa konnte man sich relativ schnell hineinfühlen, auch wenn ein paar weniger Launen schön gewesen wären. Doch sie ist zurecht hin- und hergeworfen zwischen ihren Gefühlen für Bo und ihrem Wunsch nach Freiheit. Da sich um ihre Gedanken und Gefühlen lange niemand gekümmert hat, muss sie mit dem in sie verliebten Bo erst einmal klarkommen!

Leider dauert es ein wenig, bis die Geschichte so richtig in Fahrt kommt. Sehr ausführlich stellt Kriston Cashore zunächst ihre Welt vor, um sich dann ebenso ausführlich mit Katsas und Bos gemeinsamen Taten zu beschäftigen. Katsas Erlebnisse während ihrer Trennung von Bo handelt sie zum Beispiel ratzfatz ab, als würde sie es selbst nicht ertragen, ihre Hauptpersonen getrennt zu sehen. Selbstverständlich spart die Autorin insgesamt nicht mit unerwarteten Überraschungen. Dies und das funkensprühende Mit- und Gegeneinander von Katsa und Bo entschädigen für den hin und wieder eintretenden Spannungsverlust.

Sehr gut gefallen hat mir die außergewöhnliche Beziehung von Katsa und Bo, die mit "Sie heirateten, bekamen Kinder und lebten glücklich bis an ihr Lebensende" nicht viel gemein hat. Außerdem ist es sehr mutig von Kristin Cashore, die Themen Kampf, Folter und Mord so offen und ausführlich anzusprechen. (Es ist übrigens so, dass Katsa und Bo öfter gegeneinander kämpfen, als dass sie sich in den Armen liegen.)

Kristin Cashore ist für ihren Debütroman "Die Beschenkte" mit diversen Preisen ausgezeichnet worden. Meine daher hohen Erwartungen wurden leider nicht ganz erfüllt, doch ich bin sehr gespannt auf weitere Werke der Autorin.

Fazit

Kristin Cashore widmet sich dem spannenden Thema "Fähigkeiten". Dabei konzentriert sie sich auf Bo und Katsa und erzählt ihre ganz und gar unkonventionelle Liebesgeschichte. Die sich manchmal einschleichende Langatmigkeit verzeiht man da bereitwillig.

Die Beschenkte

Kristin Cashore, Carlsen

Die Beschenkte

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