Rafael 2.0

  • Thienemann, 2011, Originalausgabe
Rafael 2.0
Rafael 2.0
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Corinna Abbassi-Götte
6101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJun 2011

wenn künstliche Intelligenz zur Gefahr wird

Das meint Jugendbuch-Couch.de: "wenn künstliche Intelligenz zur Gefahr wird"

Michael ist unglücklich. Nachdem bereits seine Mutter an einer seltenen Erbkrankheit gestorben ist, verliert er seinen Zwillingsbruder Rafael auf die gleiche Weise. Und sein Vater zieht sich komplett in sein Arbeitszimmer zurück.
Erst als Michael fast zusammenbricht, bemerkt sein Vater, was er ihm durch seine Verschlossenheit antut und offenbart ihm, mit was er die ganze Zeit beschäftigt war: Er hat Rafael 2.0 konstruiert, eine Künstliche Intelligenz, einen Supercomputer.
Michael ist entsetzt, doch da Rafael 2.0 laut seines Vaters nicht dazu gemacht wurde, seinen Bruder zu ersetzen, siegt seine Neugier schließlich, und er freundet sich mit ihm an. Als sein Vater entführt wird und dessen Software-Firma die feindliche Übernahme droht, müssen Michael und Rafael 2.0 handeln, um das Schlimmste zu verhindern. Doch bald schon sehen sie sich mit einer noch viel größeren Gefahr konfrontiert. Nicht weniger als die Freiheit und das Überleben der Menschheit stehen dabei auf dem Spiel.

Karl Olsberg promovierte über Anwendungen Künstlicher Intelligenz und war u.a. Geschäftsführer und erfolgreicher Gründer zweier Unternehmen in der "New Economy".
Ob Künstliche Intelligenz oder Computertechnologie, Karl Olsberg ist Fachmann auf diesen Gebieten, und dies merkt man "Rafael 2.0" auch an.
Kompetent lässt er sein weitreichendes Wissen über diese faszinierende Themenbereiche einfließen und erklärt dem Leser sämtliche Details und Zusammenhänge, ohne dabei belehrend zu wirken.
Man verfolgt gern, wie der 13-jährige Michael immer tiefer in die ihm zwar bekannte, aber in ihren Dimensionen dennoch fremdartige Computerwelt eintaucht, ohne die nichts mehr zu funktionieren scheint und die sein Leben mehr und mehr dominiert, seit seine Mutter und sein Bruder nicht mehr da sind. Nebenbei macht Olsberg deutlich, welche Macht die weltweite Vernetzung besitzt und wie schnell die Vorteile eben dieser zur Bedrohung werden können.
Interessant ist vor allem die ethische Herangehensweise an das Thema Künstliche Intelligenz. Ist die Schaffung Künstlicher Intelligenz nach menschlichem Vorbild überhaupt vertretbar? 
Zudem stellt sich die Frage, was geschieht, wenn sich die künstlich erschaffene Intelligenz der Kontrolle entzieht und zum Feind wird. Kann sich der Mensch in diesem Fall noch wehren? Ist es möglich, den Stecker zu ziehen?
Karl Olsberg greift damit ein Thema auf, das sich beständig immer größerer Aufmerksamkeit erfreut.

Doch leider schafft er es nicht, dauerhafte Spannung zu erzeugen oder tiefgreifende Sympathie für seine Figuren zu wecken. Zwar erzählt er in der Ich-Perspektive, der Leser sitzt also direkt in Michaels Kopf, doch durch den an einen Bericht erinnernden Erzählton gehen die verschiedensten Empfindungen verloren. Man fiebert nicht mit, bekommt keine Gänsehaut, es verschlägt einem nicht den Atem, man lacht nicht laut heraus. Und dabei bietet "Rafael 2.0" viel Potenzial, angefangen bei Michaels Verlust seines Zwillingsbruders bis hin zu seiner offensichtlichen Machtlosigkeit gegenüber den Entführern seines Vaters.
Hinzu kommt, dass der Handlungsverlauf an vielen Stellen etwas konstruiert wirkt und einige  Episoden durch unwichtige Informationen in die Länge gezogen wurden. Letzteres trifft beispielsweise auf Michaels vorübergehenden Internatsaufenthalt und die Vorstellung der Band Devil’s Tooth zu.

FAZIT

Karls Olsberg präsentiert mit "Rafael 2.0" eine inhaltlich überaus interessante Geschichte, der es leider an Spannung fehlt. Schade, denn das Thema Künstliche Intelligenz, mit dem sich Spezialist Karl Olsberg in seinem ersten Jugendroman beschäftigt, hat es in sich und regt zum Nachdenken an!

Rafael 2.0

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