Eine Frage des Vertrauens
Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Eine Frage des Vertrauens"
Es ist nicht nur, dass Sven Kammermeier ein unangenehmer Mensch ist. Er lässt auch keine Gelegenheit aus, Ausländer zu terrorisieren. Zu seinen Opfern gehört auch Ayla, die Freundin des 17-jährigen Finn. Dieser stellt sich Sven in einem offenen Kampf und macht ihm klar, dass er für Ayla einstehen wird. Kurz darauf ist Sven tot. Erschossen. Für die Polizei ist klar: Finn ist der Täter. Dass der Junge seit Svens Tod verschwunden ist, macht ihn noch verdächtiger. Nur Nick glaubt felsenfest daran, dass sein Freund Finn unschuldig ist. So ist es für ihn keine Frage, dass er mit Finn abhaut. Die beiden Freunde fahren in den Bayerischen Wald, wo Nick in diesen Tagen an einem Pfadfinderlager hätte teilnehmen sollen. Auf der Fahrt nach Passau lernen die beiden Freunde die Studentin Laura kennen, die ihnen über einige Klippen hinweg hilft. Dabei ahnt Laura nicht einmal, dass Finn als Mörder von Sven gesucht wird. Obwohl Nick und Finn die Tage mit Laura genießen, wissen sie, dass es bald schwierig wird, sich zu verstecken. Die Zeit rinnt ihnen durch die Finger. Außerdem erfährt Nick durch einen Anruf, dass im Pfadfinderlager zwei zwielichtige Typen aufgetaucht sind, die sich auffällig nach ihm erkundigen. Da fasst Nick einen folgenschweren Plan.
Wie weit darf Freundschaft gehen? Diese Frage stellt Günter Ohnemus ins Zentrum seines Romans. Und über Nick, der nicht einen Moment an seinem Freund zweifelt, gibt er auch gleich eine Antwort. Doch ist es richtig, dass sich Nick so bedingungslos hinter Finn stellt? Was, wenn Finn doch schuldig ist? Die lästigen Gedanken schiebt Nick zwar weg, doch ein Stachel bleibt zurück. Und gerade darauf hält der Autor seinen Finger. Er erzählt eine Geschichte von Freundschaft und Loyalität. Und er wirft – ganz subtil – die Frage auf, wie viel Vertrauen gerechtfertigt ist. Diese Gedanken bettet der Autor in die Gespräche zwischen Finn und Nick sowie in die Situationen, in denen sie sich miteinander und auch mit der Frage, wer denn Sven tatsächlich getötet hat, auseinander setzen.
Dass für Finn und Nick nach diesen siebzehn Tagen Flucht vor der Polizei nichts mehr so ist, wie es war, versteht sich von selbst. Trotzdem ist es interessant mitzuerleben, wie stark sich besonders Nick in dieser Zeit verändert. Seine Prioritäten verschieben sich und er ist bereit, zugunsten neuer Erfahrungen Altes über den Haufen zu werfen. Das betrifft auch seine Beziehung zu Mia und zu Laura. Dabei zeigt sich, dass Nick nicht immer der souveräne Held ist, den er gerne sein möchte. Sondern ein ganz gewöhnlicher 16-jähriger, dessen Gefühle Achterbahn fahren. Es macht ihn zwar nicht unbedingt sympathisch, aber glaubwürdig. Finn hingegen bleibt etwas gar im Hintergrund der Geschichte, obwohl er doch der Junge ist, dem der Mord angelastet wird. Dies ist eine der Schwachstellen im Roman. Dazu gehört auch, dass sich die beiden Freunde kaum miteinander auseinandersetzen und die ganze Situation recht gelassen nehmen. Genau diese Abgeklärtheit, die aufgrund der Persönlichkeit der Betroffenen nicht einfach der jugendlichen Naivität zugeschrieben werden kann, nimmt der Geschichte einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit.
Leider versucht Günter Ohnemus, durch die Auseinandersetzung zwischen Nick und den beiden seltsamen Typen, die ums Pfadfinderlager schleichen, einen zusätzlichen Spannungsaspekt zu schaffen. Das gelingt ihm aber nur mäßig, es wirkt eher konstruiert als glaubwürdig. Und so entfernt sich der Autor dadurch etwas von seinem ansonsten gut aufgebauten Erzählstrang. Grundsätzlich gilt aber: "Siebzehn Tage im August" lässt sich leicht lesen, wirft einige brisante Fragen auf und hat trotz allem Tiefgang.
FAZIT
Die Frage, wie weit Vertrauen gehen darf und was Freundschaft bedeutet, ist das zentrale Thema dieses Romans. Der Autor geht damit feinfühlig und geschickt um. Zwar haben seine Protagonisten einige Schwächen, doch stimmt das Konstrukt in den meisten Bereichen. Nicht ganz geglückt ist Nicks Wandlung vom treuen Freund zum cleveren Helden, der Polizei und Gauner austrickst. Da zeigen sich einige Schwächen, die nicht sein müssten. Trotzdem lohnt es sich, "Siebzehn Tage im August" zu lesen und sich immer mal wieder die Frage zu stellen, wie man denn selber in dieser Situation handeln würde.
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