Red Flags

  • Insel
  • Erschienen: August 2025
  • 1

übersetzt von Jana Körner; Broschur, 348 Seiten

ISBN: 9783458645399

Red Flags
Red Flags
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Theresa Mürmann
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonAug 2025

Dieser Jugendroman entzaubert und empowert gleichermaßen

Für Poppy ist klar: In Sachen Liebe macht sie keine halben Sachen. Alle Dating-Partner werden einer strengen Prüfung unterzogen. Nicht ohne Grund führt sie schon seit Jahren eine „Traummann-Liste“, auf der sie alle wichtigen Charaktereigenschaften notiert, die ihr zukünftiger Freund haben sollte. Abweichungen sind nicht möglich, denn dies würde nur zu toxischen Beziehungsmustern führen. Von ihren Freundinnen wird Poppy für ihre harte Linie belächelt: So perfekt kann ein Mann doch nicht sein. Also steht plötzlich die Idee eines Experiments im Raum. Poppy soll zwei Monate lang jemanden daten und dies endlich einmal durchziehen. Ein Kontaktabbruch ist nicht erlaubt, vielmehr soll Poppy selbst die Beziehung am Laufen halten.

Auf der anderen Seite hadert Cam mit seinen weiblichen Bekanntschaften. Bisher hat es noch bei keiner wirklich „klick“ gemacht. Er fühlt sich meistens nicht verstanden von ihnen. Seine beste Freundin Williams ist mittlerweile leicht genervt von seiner ablehnenden Haltung. Daher ihr Vorschlag: Beim nächsten Mal darf nicht Cam es sein, der Schluss macht. Ihm bleibt nichts anderes übrig als zuzustimmen. Und da sitzt seine neue Dating-Partnerin plötzlich auch schon neben ihm: Poppy.

Auf der Suche nach der perfekten Beziehung

Zahlreiche Jugendbücher beschäftigen sich inzwischen glücklicherweise mit sogenannten toxischen Beziehungen. Sowohl Liebesbeziehungen als auch familiäre sowie freundschaftliche Verbindungen werden verstärkt in den Blick genommen. Die britische Autorin Sophie Jo nähert sich diesen „Red Flags“ auf humorvolle Art und Weise. Was man anfangs noch nicht weiß: Hinter der etwas überzogenen Kritik der beiden Hauptfiguren an potentiellen Datingpartnerinnen und -partnern steckt ein ernster Kern. Bindungsprobleme resultieren zu einem großen Teil aus negativen Kindheitserfahrungen, die in diesem Buch ebenfalls zur Sprache kommen.

Da Cam von Williams Plan überhaupt nicht angetan ist, tut er alles, um Poppys Traummann-Liste zu widersprechen. Die ist übrigens sehr detailliert: trägt Schuhe von Dr. Martens, hört dieselbe Musik (Live-Musik!), hat ein eigenes Auto, erkennt den Wert von Liebesromanen an, kauft ihr regelmäßig Blumen (nicht aus dem Supermarkt) und noch viele Punkte mehr. So erscheint Cam zu ihren Dates in schluffigen Klamotten und Wanderstiefeln, zieht über Live-Musik und Liebesschmöker her und lässt Poppy ihr Getränk selbst bezahlen. Was er nicht weiß: Obwohl sich in Poppy angesichts seines Verhaltens eine enorme Abneigung ihm gegenüber aufbaut, muss sie die Dates weiter durchziehen. So die Abmachung mit ihren Freunden. Es ist wohl keine Überraschung, dass sich auf der Gefühlsebene zwischen Poppy und Cam im Storyverlauf noch einiges ändert wird.

„Wenn jemand wissen wollte, wie es sich anfühlt, dasselbe Paar Socken vier Tage lang zu tragen, weil die Mutter entschieden hat, dass ein neuer Freund wichtiger ist als saubere Sachen für das eigene Kind, hätte ich sehr viel dazu zu sagen.“

Die Ausgangslage der Handlung wirkt natürlich sehr konstruiert und das Ende in seinen Grundzügen bereits früh vorhersehbar. Die Story glänzt jedoch durch ihre Zwischentöne, die wichtige Akzente setzen. So kommt nach und nach heraus, warum Cam überhaupt so große Angst vor engen Bindungen hat: Er lebt seit Jahren bei seinem Großvater, nachdem seine Mutter nicht mehr in der Lage war, sich richtig um ihn zu kümmern. Sie hat Cam nie das Gefühl gegeben, ihn wirklich und bedingungslos zu lieben. Seine Mutter hat viel zu viel mit sich selbst und neuen Partnern zu tun gehabt. Dieses Kindheitstrauma lastet schwer auf ihm und äußert sich unter anderem in seiner kritischen Haltung Beziehungen gegenüber.

Auch Poppy hat nicht unbedingt die besten Vorbilder in dieser Hinsicht. Zwar wächst sie im Gegensatz zu Cam in einem sehr behüteten Elternhaus auf, doch zwischen ihren Eltern ist eine Nähe kaum spürbar. Die beiden haben die Kinder gewissermaßen als einzigen Lebensinhalt, andere Themen gibt es für sie nicht. So möchte Poppy nicht enden, das hat sie sich versprochen.

Verglichen mit anderen Jugendbüchern, wie beispielsweise denjenigen von Kathleen Glasgow, wird die psychologische Ebene hier nur angekratzt, dennoch setzt die Geschichte wichtige Akzente. Aus den Schmetterlingen im Bauch werden bisweilen schwere Steine, Partnerinnen und Partner erscheinen plötzlich in einem ganz anderen Licht und Gewohnheiten treiben die Wolke sieben manchmal eher in den Sinkflug. Eine Beziehung ist viel Arbeit und bedeutet Kompromisse. Oder man erkennt irgendwann, dass es besser ist zu gehen, bevor man zu viel von sich aufgibt.

Fazit

Der Mythos von einer perfekten Beziehung wird in diesem Jugendroman humorvoll unter die Lupe genommen. Eine angenehme Ergänzung zwischen den zahlreichen Liebesromanen.

Red Flags

Sophie Jo, Insel

Red Flags

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