Das Leben ist nichts für Anfänger
- Beltz & Gelberg
- Erschienen: März 2025
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Broschur, 144 Seiten
ISBN: 9783407759795


Atemlose Jagd durch die Münchener Nacht
Hätte irgendein Kumpel Flipper nicht eine kurze Nachricht geschickt, hätte er Tree nie gefunden. Aber Gottseidank ist die Nachricht gekommen. Sein jüngerer Bruder liegt mit blutdurchtränkten Klamotten in einem Park und niemand ist da, um ihm zu helfen. Flipper tut, was er kann. Irgendwann kommt doch der Rettungsdienst und jetzt ist es amtlich, dass Tree in Lebensgefahr schwebt. In einem Krankenhaus wird er in dieser Nacht seinen wichtigsten Kampf - den um sein Leben - kämpfen. Flipper wiederum macht sich auf die Suche nach denjenigen, die seinen Bruder ermorden wollten.
Aus reinen Schlägereien werden Messerkämpfe
Mittlerweile ist es ein gesellschaftlicher Fakt: Streitigkeiten, die früher als reiner Faustkampf geführt worden wären, enden heute als Messerstecherei. Die Folgen von Schlägereien waren sicherlich auch nicht das, womit man einen Kindergeburtstag beschreiben könnte. Kommen aber Stichwaffen dazu, so enden sie regelmäßig in der Notaufnahme oder sogar im Leichenschauhaus.
Stephan Knösel wurde zu dem Roman über eine Erzählung seines Sohnes inspiriert. Er selbst berichtet, dass er als Jugendlicher zur "Selbstverteidigung" regelmäßig ein Springmesser mit sich herumtrug. Der Messereinsatz ist bei Streitigkeiten alltäglich geworden, nicht alltäglich sind allerdings die Folgen, die der Einsatz der Messer nach sich ziehen können.
Die beiden Brüder Tree und Flipper erleben die Folgen eines solchen Kampfes am eigenen Leib. Tree liegt als Schwerverletzter im Krankenhaus, Flipper versucht den Täter zu finden. Natürlich will er in erster Linie Rache nehmen. Aber dann erfährt auch er, dass viele Geschichten zwei Seiten haben. Auch hier gibt es nicht nur einen gemeinen Täter oder ein armes Opfer. Es ist so, wie in vielen Liebesgeschichten - es ist kompliziert. Lebendig wird Knösels Roman durch das Hin- und Herspringen zwischen den beiden Brüdern: Flipper sucht die Täter, Tree - naturgemäß zur Untätigkeit verdammt - trägt einiges zur Familiengeschichte bei und berichtet über die hektischen Bemühungen seiner Ärzte.
Haben die "coolen Jungs" solche Namen und hören Coldplay?
Knösel erzählt in dem schmalen poppig in blutroter Farbe aufgemachten Jugendroman von der atemlosen Jagd durch eine Sommernacht. Besonders gut gefielen mir die kurzen Kapitel mit minütlichen Updates der Orte, die so ein besonderes Tempo in die Handlung bringen. Überzeugend fand ich auch die Auftritte der oft genervten Polizisten und insbesondere des gebeutelten und gehetzten "Wolfi". Berührend waren ebenfalls Szenen aus der Notaufnahme und dem Wartebereich im Krankenhaus und die Schilderungen darüber, dass auch die härtesten Jungs oft erst durch ihre Familie so gemacht wurden.
Ein paar Punkte konnten mich dagegen nicht so recht überzeugen. So irritierten mich insbesondere die Spitznamen der beiden Brüder. "Flipper" war ein berühmter Delphin aus einer Serie, der bis in die Siebziger ausgestrahlt wurde. Was ich mich damit frage, ist, ob "Flipper" tatsächlich ein Spitzname wäre, den sich Jugendliche geben, die gerne "cool" wirken wollen. Dieselbe Frage stellte sich mir bei dem Namen "Tree". Gut - einer der Hauptdarsteller mag stark und beschützend wie ein Baum wirken - ist das aber eine Eigenschaft, die Halbwüchsige besonders interessiert? Einige Schwierigkeiten hatte ich auch mit einigen Ausdrücken, die Flipper in den Mund gelegt wurden und die ein Erwachsener ungefähr in meinem Alter verwenden würde - aber nicht ein Jugendlicher. Kurzum - in der Welt der Teenager ist nicht alles glaubhaft. Gelegentlich übernimmt der erwachsene Erzähler doch recht deutlich das Steuer.
Fazit
Gemeinsam mit Flipper erleben wir eine atemlose Jagd nach einem Gleichaltrigen, der seinen Bruder möglicherweise tödlich verletzte. Nicht alles ist hundertprozentig gelungen - unterm Strich erzählt Knösel aber eine temporeiche Geschichte um eine irre Nacht.

Stephan Knösel, Beltz & Gelberg
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