So richtig will es nicht gruseln
Die „Villa Obscura“ am Fuß des Brocken umrankten schon immer viele dunkle Geschichten. So sollte hier einst die „Blutfürstin“ gelebt haben, die von ihrem Mann eingesperrt wurde und langsam dem Wahnsinn verfiel. Natürlich ist das schon sehr lange her, aber dennoch bleibt bei dieser Geschichte immer ein sanftes Gruseln. Das macht die Villa zu einem perfekten Ort für eine Halloween-Party! Dann aber passiert Eigenartiges: Ungewohnt früh wird die Feier beendet und den Gästen bedeutet, dass sie jetzt die Shuttle-Fahrzeuge aufsuchen und sich auf den Heimweg begeben sollen. Zurück bleibt nur eine kleine Gruppe Eingeladener, die entsetzt feststellen muss, dass sich die gut verkleideten Barkeeper und Kellner jetzt gegen sie wenden und sie in der Villa festhalten und einsperren. Damit hört der Horror aber nicht auf - die gruseligen Kerkerwächter wählen ein Mitglied nach dem anderen aus und schicken es in dunkle Höhlen oder verlassene Bergstollen, um ... um, ja was zu tun? Niemand kann es so richtig erahnen, aber dennoch wächst in allen das bedrohliche Gefühl, dass langsam die Zeit knapp wird und das umso mehr, als das erste Gruppenmitglied stirbt.
Die Voraussetzungen stimmen alle...
Die beiden deutschen Autorinnen Melissa C. Hill und Anja Stapor lassen ihren Roman an einem spannenden Punkt des Jahres starten. Es ist „Halloween“, die Geister der Verstorbenen nähern sich den Lebenden und die wiederum verkleiden sich möglichst gruselig. Die Veranstalterin einer großen Party setzt dazu noch einen drauf, findet die Party doch in einer gruseligen, alten Villa am Brocken statt. An diesem Berg trafen sich von jeher die Hexen zur Walpurgisnacht, um hier ihre Tänze aufzuführen. Mit diesem Szenario, so sollte man meinen, sollte es dann doch gelingen, einen besonders furchteinflößenden Roman zu verfassen. Leider ist das nicht ganz gelungen. Denn - obwohl alle Zutaten für eine schaurige Hochspannung vorhanden sein sollten, klappt das mit der Gänsehaut nicht so richtig. Woran das liegt, ist nicht so recht klar, wird doch mit dem abrupten und unerwarteten Ende der Party, der Gefangennahme der restlichen Gäste und dem angsteinflößenden Auswählen von Einzelkandidaten oder -kandidatinnen vieles getan, um die zu erzeugen.
...aber es findet nicht so recht zusammen
Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass die Autorinnen sich nicht so recht einig waren, welche Geschichte denn eigentlich erzählt werden sollte. Da gibt es einerseits die alte Sage über die Blutfürstin, die in dem alten Gemäuer von ihrem grausamen Ehemann gezielt in den Wahnsinn getrieben wurde. Hier wäre natürlich eine fiese Geschichte über deren mögliche Rache aus dem Jenseits denkbar. Unglücklicherweise wird diese Idee zwar aufgebracht - aber nicht weiter verfolgt. Erzählt wird dafür aber mit verschiedenen Schwerpunkten zu den einzelnen Akteuren über die Gefangennahme. Die dreht sich aber irgendwie im Kreis. Obwohl alles im Präsens und damit möglichst nah erzählt wird und auch in jedem Kapitel eine andere Person im Focus steht, kommt die Handlung nicht weiter. In der Mitte des Buches ist der/die LeserIn eigentlich fast so schlau wie knapp zu Anfang und das ist doch schon ermüdend.
Immerhin im letzten Viertel kommt dann doch endlich mal richtig Schwung in die bisher recht träge Entwicklung und hier wird dann auch mit Tempo erzählt. Der Fall wird immerhin klar aufgelöst, es gibt noch einen kleinen Bonus zur Blutfürstin und der Rest ist Wohlgefallen. Was aber hier als Ausgangspunkt aller Entwicklungen präsentiert wird, das empfand ich schon als recht weit hergeholt und außerdem schwierig umsetzbar.
Fazit
Die Villa Obscura verspricht mit dem Titelbild der nebelverhangenen Villa eine gruselige Geschichte - aber leider können diese tollen Erwartungen dann doch nicht komplett erfüllt werden.

Anja Stapor, Melissa C. Hill, Oetinger
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