The way I used to be

übersetzt von Ulrike Brauns; Hardcover, 380 Seiten

ISBN: 9783985851423

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Sabine Bongenberg
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonFeb 2024

Eine berührende Erzählung - aber auch sehr schwere Kost

Eden McCrorey kann ganz genau sagen, wann sich ihr Leben ein für alle Mal und brutal änderte: Um 02.48 Uhr zwang sie Kevin Armstron, der beste Freund ihres Bruders, im Haus ihrer Eltern in ihrem eigenen Zimmer zum Sex. Um 02.53 Uhr war alles vorbei - und vorbei war auch Edens bisheriges Leben. Was soll sie noch glauben? Wem soll sie vertrauen? Eden beschließt, nur noch ihren eigenen Weg zu gehen und die zu begraben, die sie früher mal war. Die liebe, nette, fröhliche angepasste Edy soll Geschichte sein. Jetzt ist sie die Eden, die sich von niemandem verarschen lässt, die sich nur noch auf sich selbst verlässt und die ihr eigenes Ding durchzieht. Damit werden die Dinge aber immer schlimmer. Ihre Eltern verstehen nicht, warum sie sich so aggressiv verhält, der nette Josh aus ihrer Highschool kann die widersprüchlichen Botschaften, die sie aussendet, nicht deuten und unter ihren Mitschülerinnen munkelt man, sie sei eine Schlampe, die mit jedem ins Bett steige. Edens Leben gerät immer mehr aus den Fugen. Wer kann ihr aus dieser schrecklichen Abwärtsspirale noch helfen?

"Er flüsterte Seistillseistillseistill. Und das machst du auch. Du sagst nichts. Denn du bist dumm-dummdumm."

Wir lernen Eden - oder Edy, wie sie von Freunden und von ihrer Familie genannt wird - unversehens in der schlimmsten Nacht ihres Lebens kennen. Als Ich-Erzählerin berichtet sie davon, wie der beste Freund ihres Bruders in ihr Zimmer eindringt, sie mit ihrem eigenen Nachthemd knebelt und sie vergewaltigt. Edy hat das Gefühl, die Welt muss stehenbleiben, sie kann sich nicht weiterdrehen. Aber dennoch tut sie das und ihr Umfeld ist das, was es immer war. Aber etwas in Edy ist zerbrochen und das kann sie niemandem mitteilen.

Amber Smith erzählt schmerzhaft und ehrlich, wie die 14jährige versucht, mit ihrem Gewalterlebnis zurechtzukommen. Sie beschließt, zu schweigen, vielleicht kommt sie auch einfach nicht dazu, sich jemandem zu offenbaren und so wird das erlebte Trauma immer größer und mächtiger. Scheinbar geht Edy ihren Weg weiter, aber dennoch hat sie sich extrem verändert. Vieles lässt sie regelrecht an ihrer Umwelt aus - an ihren Eltern, die ihren Ausbrüchen hilflos gegenüberstehen, an dem freundlichen Josh, der so gerne ihr fester Freund wäre, und an Freunden, die fiese Sprüche kassieren. Für die Leser*innen sind diese Schilderungen doppelt schwierig: Auch wenn wir die Protagonistin vorher nicht gekannt haben, wissen wir, wie es wirklich in ihr aussieht und wie sehr sie sich mit ihrem eigenen Auftreten quält. Oft fragte ich mich dazu aber auch, wie es sein kann, dass ihre extremen Verhaltensänderungen nicht einmal in ihrer Familie angesprochen werden, warum ihre Aggressionen einfach der Pubertät zugeschrieben werden. Warum nicht einmal von Freundin zu Freundin, von Mutter zu Tochter oder von Bruder zu Schwester ein Gespräch gesucht wird.

"Ich war mal ein netter, lieber, guter Mensch. Und jetzt...hasse ich einfach nur noch"

Edys Geschichte ist nicht einfach zu lesen. Ich konnte dieses Buch nur häppchenweise ertragen, zu sehr litt ich mit ihr mit. Manchmal fragte ich mich daher auch, ob die Altersangabe dieses Buches nicht höher angesetzt werden sollte, ist doch das, was hier präsentiert wird, oftmals regelrecht quälend. Edy rutscht immer weiter in eine Spirale aus Alkohol, Drogen und bedeutungslosem Sex mit Zufallsbekanntschaften und erst als fast alles verloren scheint, da öffnet sich ein Weg aus der Misere. Endlich lässt sie Hilfe zu, endlich findet sie einen Weg, vielleicht doch noch Gerechtigkeit zu finden und zu erlangen. Wie dieser Weg ausgehen wird, ist in diesem Band allerdings nicht mehr geschildert. Dennoch findet sich mit ihrer Entscheidung, endlich Hilfe anzunehmen, ein großer Hoffnungsschimmer. Wie die Geschichte weiter geht, wird dann im zweiten Band The way I am now erzählt. Ob ich mir dieses Buch dann - nach meiner Gefühlswelt - "antuen" werde, das weiß ich allerdings noch nicht. Wenn ich das amerikanische Rechtssystem richtig einschätze, das viel Energie dafür verwendet, die Glaubhaftigkeit von Zeugen zu erschüttern, so ist zu erwarten, dass hier auch viel Schmerzhaftes zu Tage treten wird.

Gut fand ich an dem Buch auch, dass zuletzt Hilfestellungen für Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, angeboten werden. Allerdings sind recht pauschal der "Weiße Ring" und das "Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen" genannt. Bei der erheblichen Bedeutung der Problematik hätte ich mir etwas mehr gewünscht.

Fazit

The way I used to be behandelt ein schwieriges, aber ein leider immer aktuelles Thema mit vielen schmerzhaften Wendungen, ist aber dennoch ein großartiger Roman. Dennoch kann sich auch ein großartiger Roman manchmal fast unerträglich anfühlen, so dass ich denke, dass er sicherlich nicht für alle Leser*innen geeignet sein dürfte.

The way I used to be

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