I Was Born for This

  • Erschienen: Juli 2023
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übersetzt von Kathrin Köller; Broschur, 448 Seiten

ISBN: 9783743212213

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Theresa Mürmann
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonSep 2023

Wenn nichts so ist, wie es scheint…

Für Angel Rahimi geht ein Traum in Erfüllung: Sie wird „The Ark“, ihre absolute Lieblingsband, am Rande eines Konzerts in London zu einem Meet and Greet treffen. Nahezu alles in ihrem Leben hat mit Jimmy, Rowan und Lister zu tun. Angel hat jeden Artikel, jeden Post der Band, jeden Livestream, einfach alles über die Pop-Rock-Band gelesen. Doch nicht nur das: Endlich wird sie auch ihre Internet-Freundin Juliet IRL - in real life - treffen, die ebenfalls ein begeisterter Fan von „The Ark“ ist. Doch diese eine Woche in London soll Angels Leben und all ihre Überzeugungen vollkommen über den Haufen werfen…

Alice Oseman ist durch die erfolgreiche Webcomicserie „Heartstopper“, die bereits mit zwei Staffeln auf Netflix zu sehen ist, mehr als bekannt geworden und hat mit anderen Titeln wie „Solitaire“, „Loveless“ oder „Nothing Left for Us“ bereits eine breite Leserschaft erreicht. Die Jugendbücher der Autorin haben alle gemein, dass sie die Zielgruppe in ihrer eigenen Welt abholen. Die Charaktere wirken stets absolut authentisch. Außerdem sind Osemans Geschichten wunderbare Fürsprecher einer starken queeren Community. Ob als Haupt- oder Nebenhandlung, die Auseinandersetzung mit der eigenen sexuellen Identität spielt immer in irgendeiner Form eine Rolle.

„Das Fan-Sein hat mir einen Grund gegeben, aufzustehen, immer etwas, auf das ich mich freuen konnte, etwas, wovon ich träumen konnte, wenn ich versucht habe, einzuschlafen.“

Liebe spielt in „I was born for this“ jedoch vor allem in einem anderen Kontext eine Rolle: die Liebe zu „The Ark“. Angel, die eigentlich Fereshteh heißt, definiert ihr eigenes Sein in erster Linie über die Band. Sie kennt Jimmy, Rowan und Lister in- und auswendig, saugt alle News auf den unterschiedlichsten Kanälen auf. Das klingt ziemlich nach einem klassischen Fangirl, das nur beim Anblick ihrer Jungs Herzchenaugen und Schmetterlinge im Bauch kriegt. Doch so ist es bei Angel nicht, was ihre Figur umso sympathischer und spannender macht. Sie liebt „The Ark“ und die Bandmitglieder, aber nicht auf eine sexuelle oder romantische Weise. Vielmehr ist das Trio der Strohhalm in ihrem Leben, an dem sie sich immer und jederzeit festhalten kann. Eine Orientierung, ein Weg, eine Überzeugung.

„Ich versuche, an ein anderes Paar zu denken, das mich an die Liebe glauben lässt, aber mir fällt niemand ein.“

Angel hat ein bisschen Ähnlichkeit mit Georgia aus Osemans „Loveless“. Körperliche Anziehung, der Austausch von Zärtlichkeiten, die erste große Liebe - wovon andere in ihrem Alter ununterbrochen reden können, ist für sie eine Nebensache. Während sich in „Loveless“ die gesamte Story um Georgias Asexualität dreht, gibt es bei Angel nur Andeutungen, die vermuten lassen, dass Liebe bei ihr nicht im herkömmlichen Sinne unserer sexualisierten Gesellschaft gemeint ist. Wer auf der Suche nach kitschigem Fangirling ist, hat hier weit gefehlt, und das macht es erneut so erfrischend. Es muss nicht immer die „klassische“ Liebesgeschichte on top geben.

Sein größter Traum: einfach raus hier

Allerdings ist Angels Sicht auf die Dinge nur die eine Seite der Medaille. Es wird ebenso oft aus der Perspektive von Bandmitglied Jimmy Kaga-Ricci erzählt. Als Teenager haben er und Rowan von einem Leben für die Musik geträumt. Wenig später kam Lister dazu und sie haben als „The Ark“ den großen Durchbruch geschafft. Die Medien reißen sich um Interviews, Fanfictions boomen und sie werden auf Schritt und Tritt von Paparazzi verfolgt. Für Jimmy ist dieses Dasein der absolute Horror: Panikattacken und Albträume prägen seinen Alltag, er ist immer auf der Hut vor stalkenden Fans und malt sich die schlimmsten Szenarien aus.

Wild spekuliert wird natürlich über Jimmys, Rowans und Listers Liebesleben. Nachdem Jimmys Outing als trans vor ein paar Jahren auf Social Media von vorne bis hinten durchdiskutiert wurde, zerbrechen sich Fans und Medien neuerdings über „Jowan“ den Kopf. Sind Jimmy und Rowan heimlich ein Paar? Als ein brisantes Foto der beiden auftaucht, kann sich das Band-Trio vor Anfragen und Liebesbekundungen gar nicht mehr retten. Dabei ist die Wahrheit eine ganz andere.

Generell dreht sich in diesem Buch alles um den Gegensatz Realität vs. Schein. Niemals hätte Angel gedacht, dass ihre Idole allesamt innerlich gebrochen sind, mit ihrem eigenen Leben hadern und das einnehmende Lächeln auf der Bühne nur Fassade ist. Nicht nur diese Erkenntnis trifft sie hart. Auch Juliet ist im echten Leben ganz anders als online. Wem kann Angel noch glauben? Was ist eigentlich echt? Für Angel wird die Reise nach London zu einem Wendepunkt, nach dem nichts mehr ist, wie es mal war.

Fazit

Eine eindringliche, facettenreiche und berührende Coming-of-Age-Story, die Mut macht, seine eigenen Wünsche immer wieder zu hinterfragen und für sich selbst einzustehen.

I Was Born for This

Alice Oseman,

I Was Born for This

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