Traces

  • Oetinger
  • Erschienen: März 2023
  • 0

Broschur, 320 Seiten

ISBN: 9783751203722

Traces
Traces
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Sabine Bongenberg
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonApr 2023

Bei einem Krimi muss einer der Böse sein

Das Leben in dem norddeutschen Dörfchen Mückemoor ist ein beschauliches. Es gibt eine Kneipe, mit ein paar Fremdenzimmern, ein paar Gutshäuser und das ganz wird eingefasst von einem Moor, das gelegentlich die Menschen, die es vor langer Zeit verschlang, wieder ausspuckt. Keine große Sache für die Mückemoorer - sie leben mit dem Moor, sie kennen die Wege und sie wissen mit seinen Gefahren umzugehen. Womit sie aber nicht recht umgehen können, ist der junge Mann, der plötzlich in ihrem kleinen Örtchen auftaucht und unbequeme Fragen stellt. Er sucht seine Großmutter, deren Spuren in den kleinen Ort hinein - aber niemals wieder hinausführten. Was ist seinerzeit mit ihr passiert? Die Dorfbewohner verschanzen sich erst einmal hinter dem, was oft funktioniert hat: Hinter einem eisigen und eisernen Schweigen. Eine von ihnen will sich aber nicht an dieser Taktik beteiligen: Es ist Elsa, die sich bisher eigentlich hauptsächlich für ihr Pferd interessierte und die beschließt, dem jungen Fremden namens Leone zu helfen. Das könnte natürlich daran liegen, dass Elsa einfach freundlich zu allen Menschen ist und jedem hilft. Es könnte aber auch daran liegen, dass sie tief in Leones wunderschöne Schokoaugen geblickt hat.

Moor! Moor! Es holt alle! Immer. Geht, bevor es zu spät ist!

Regine Kölpin startet ihren Roman mit vielen Zutaten, die nur Spannung verheißen können: Da ist das kleine Dorf Mückemoor, wo die Einwohner argwöhnisch jeden Fremden beäugen und wo es in der einzigen Dorfkneipe so still wie im Saloon wird, wenn ein bisher unbekannter Gast einritt. Da ist das Moor, das seit Jahrtausenden Geheimnisse birgt und den ahnungslosen Wanderer verschlingen kann. Da sind verschiedene Menschen, die plötzlich verschwinden und von denen nie wieder irgendjemand etwas gehört hat. All' das hätte zu einem Roman führen können, der einen nachts nicht schlafen lässt. Dazu kommt dann auch der Romantikfaktor, denn Elsa ist ein patentes „Pferdemädchen“ und ihre große Liebe ist erst einmal ihr Pferd Pegasus. Das wäre der Stoff für einen Romantik-Thriller alter Schule gewesen - aber so richtig geklappt hat das leider nicht. Irgendwie wirkt die ganze Handlung so ein wenig unentschlossen. Da ist Leone, der viel auf sich nimmt, um seine verschwundene Großmutter zu suchen - eine Frau, die er niemals auch nur kennengelernt hat. Leone selbst verschwindet auch regelmäßig, ohne dass er dafür eine Erklärung abgeben kann. Ehrlich gesagt - hier hätte es für mich schon wesentlich mehr als ein paar tolle Augen gebraucht, um das alles zu schlucken, was der Heldin Elsa zugemutet wird.

So etwas macht doch keiner...

Ihr macht das aber scheinbar nicht so viel aus. Wenn man dem Buch Glauben schenken darf, denkt sie sich so gar nichts dabei, dass sie beispielsweise von ihrem Papa - der angeblich eine neue Liebe in Italien gefunden hat - schon lange nichts mehr gehört hat. Relativ gelassen wirkt sie auch noch, als ein wichtiger Mensch im nahen Umfeld verschwindet und spätestens hier erschien das Buch für mich zu kühl und zu weit von seinen Helden entfernt. Die schlimmsten Verbrechen werden angedacht, angesprochen und unterstellt, aber dann kann sich doch keiner vorstellen, dass einer der netten - wenn auch eigenbrötlerischen - Nachbarn aus dem Dorf oder sogar jemand aus der eigenen Familie so etwas Hässliches macht. Will man aber einen Krimi schreiben, dann kommt man nicht daran vorbei, dass irgendwer finstere Taten begeht und das selbst dann, wenn er in der Nachbarschaft wohnt. Für mich konnte sich daher kein richtiger Spannungsbogen entfalten und beim Lesen dachte ich manchmal, dass hier sicher ein größerer Grusel machbar gewesen wäre.

Fazit

Moor, düstere Geheimnisse, verschwundene Personen, dunkle Drohungen - damit waren alle Zutaten für einen spannenden Krimi vorbereitet. Aber einer hätte dann auch der Bösewicht sein müssen - und das scheint hier niemand so recht zu wollen.

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