How do I tell them I love them?

  • LYX
  • Erschienen: Dezember 2022
  • 0

Hardcover, 432 Seiten

ISBN: 9783736318922

How do I tell them I love them?
How do I tell them I love them?
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Rita Dell'Agnese
6101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJun 2023

Geballte Ladung von Problemkreisen

Lark träumt vom Schreiben. Doch bisher interessiert sich kein Verlag für das Manuskript mit der Hauptfigur Birdie. Für Lark, dey sich stark mit Birdie als Figur beschäftigt, ein Schlag ins Gesicht. Doch ist es nicht nur die ständige Ablehnung des Manuskripts, die Lark umtreiben. Auch das Verhalten Kasims, einst bester Freund von Lark, ist alles andere als durchschaubar. Dazu kommt, dass sich Lark als queere Persönlichkeit generell angegriffen und ausgegrenzt fühlt. Lark gibt deren Gefühlen durch Tweets Ausdruck, fühlt sich durch das Interesse an deren Posts aber oft auch genötigt, etwas zu schreiben. Da findet sich plötzlich ein ganz spezieller Post in Larks Twitter-Account. Darin gesteht dey ihre Liebe zu einer Person, ohne dass diese davon weiß. Nur: Lark hat das gar nicht geschrieben. Aber dey kann es auch nicht richtigstellen, ohne das Gesicht zu verlieren. Erst recht nicht, da gerade dieser Tweet viele Reaktionen provoziert.

Ungewohnte Sprache

Gleich vorneweg: Es ist eine kleine Herausforderung, dieses Buch in einem Fluss zu lesen. Zu ungewohnt sind noch gendergerechte Schreibweise und Neopronomen, die sich über die Geschichte ergießen. Ungewohnt auch die Fülle an queeren, diversen und nonbinären Menschen, die alle in ihrem neuen Selbstverständnis auftreten und veränderte Verhaltensformen der Gesellschaft einfordern. Der Roman bildet eine Grundlage für die Auseinandersetzung mit dem neuen Gesellschaftsbild, in dem die traditionellen Bilder und Rollen zu überholten Auslaufmodellen deklariert werden. Suchende Menschen, die sich in der herkömmlichen Rolle nicht erkennen können, erleben hier eine Offenbarung: Sie sind Teil einer großen Gemeinschaft, die so fühlen wie sie. Menschen, die erst neu mit dem aufbrechenden Bild von Normen und Erwartungen konfrontiert werden, müssen sich allerdings erst an die völlig unbekannte Welt gewöhnen und ihren Umgang mit der neuen Situation herausarbeiten. So kann How do I tell them I love them? viele Fragen aufwerfen, für die es keine einfachen Antworten gibt.

Mit Vorurteilen gegen Vorurteile

Kacen Callender will mit dem Buch How do I tell them I love them die Aufmerksamkeit der Teenager und jungen Erwachsenen auf gleich eine ganze Fülle von Problemkreisen lenken. Im Vordergrund steht die Thematik: Vorurteile. Denn die Hauptfigur Lark hat nicht nur eine schwarze Hautfarbe und das Kind einer alleinerziehenden Mutter, sie ist auch nonbinär. Also gleich schon mal eine ideale Ausgangslage für eine Geschichte über Rassismus und Ausgrenzung. Lark ist beispielsweise überzeugt, dass deren Manuskript von den Verlagen nur aufgrund deren Persönlichkeit abgelehnt wird, dass also einzig Vorurteile verhindern, dass dey dem Ziel Schriftsteller*in zu werden, näherkommt. Und genau hier gerät die ganze Sache zum ersten Mal ins Straucheln. Lark vermischt Selbstmitleid und die Identitätsfrage zu einem unheilvollen Cocktail, der als Beweis dafür gilt, dass alle Menschen, die nicht Larks Lebensentwurf entsprechen, voller Vorurteile sind.

Kacen Callender lässt dies nicht etwa als Besonderheit von Larks Sichtweise aufscheinen. Vielmehr werden hier offen all jene angeprangert, die sich nicht auf der Ebene von Lark befinden. Damit wird Vorurteil durch Vorurteil «bewiesen», was der Geschichte schnell einen schalen Geschmack verleiht. Dazu kommt, dass nebst Larks Entwicklung eine ganze Reihe von Problemen angesprochen werden, die fast jedes für sich eine vertiefte Auseinandersetzung einfordern würden. Das aber bleibt auf der Strecke. Zu viel Raum nimmt Lark mit deren Selbstverliebtheit ein, als dass genügend Raum bleiben würde, den Fokus auf eine andere Thematik zu legen.

Schwache Protagonist*innen

Es war ein mutiger Entscheid von Kacen Callender, ihre Hauptfigur Lark mit so vielen Attributen auszustatten, die jedes für sich eine Ausgrenzung Larks bedeuten könnten. Grund also, sich gleich empathisch hinter Lark zu stellen? Keineswegs: Die Hauptfigur ist alles andere als Sympathieträger*in – oft kommt dey kindisch, selbstverliebt und beratungsresistent rüber. Das Verhalten Larks kann nicht immer nachvollzogen werden, selbst wenn man das jugendliche Alter der Hauptfigur berücksichtigt. Kasim und verschiedene Nebenfiguren vermögen da zwar etwas an Boden gut zu machen, können aber das Gefühl, es mit einer leicht überdrehten Persönlichkeit zu tun zu haben, nicht verschwinden lassen. Im Wissen darum, dass Kacen Callender das Bewusstsein um die Problematik queerer Menschen wecken will, mag man die Charakterzeichnung zwar irgendwie verstehen, bekommt aber doch das Gefühl, dass gerade das Gegenteil von Interesse, Akzeptanz und sich änderndem Bewusstsein erreicht wird.

Fazit

So viele gravierende Problemfelder in einen Roman zu packen, ist ein ehrgeiziges Ziel. Kacen Callender ist es bei How do I tell them I love them? nicht überzeugend gelungen. Durch die Fülle der Problemkreise wirkt der Roman erdrückend und überladen. Dazu kommt, dass selbst Jugendliche und junge Erwachsene noch nicht an die gendergerechte Sprache gewöhnt sind, also bei der Lektüre das eine oder andere Mal ins Straucheln geraten.

How do I tell them I love them?

Kacen Callender, LYX

How do I tell them I love them?

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