Ich bin Jude

  • cbt
  • Erschienen: Januar 2023
  • 0

Broschur, 320 Seiten

ISBN: 9783570315354

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Julian Hübecker
6101

Jugendbuch-Couch Rezension vonFeb 2023

Antisemitismus darf nicht Alltag sein!

Simon will doch nur normal zur Schule gehen. Stattdessen wird er offen gemobbt und beleidigt. Und das nur, weil er Jude ist! Soll er sich seinen Eltern anvertrauen? Oder vielleicht doch lieber dem Schulleiter? Doch an der Schule gilt offenbar die Wegguck-Mentalität. Simon ist verzweifelt – aber nicht bereit, das Feld zu räumen!

„Antisemitismus zeigt sich in offener und versteckter Form überall in unserem Alltag.“

Für Simon war es immer selbstverständlich, Jude zu sein. Den Schabbat mit seiner Familie zu feiern, eine jüdische Schule zu besuchen oder koscher zu essen – das alles hat er nie hinterfragt. Selbst, dass er immer mit dem Schulbus hinter die Mauern der Schule gebracht wurde und diese streng bewacht werden musste, war für ihn normal.

Als er sich schließlich einer jüdischen Fußballmannschaft anschließt, merkt er das erste Mal, was Antisemitismus bedeutet: Plötzlich wird er für seine Religion beschimpft, bespuckt und angegriffen. Simon versteht das alles nicht, weigert sich aber auch, das einfach so hinzunehmen. Zum ersten Mal hinterfragt er und erfährt von seinen Eltern die tragische Geschichte seiner Großeltern.

Simon lernt durch den Fußball neue Freunde kennen, die nicht jüdischen Glaubens sind. Von nun an wünscht er sich nichts mehr, als eine allgemeine Schule besuchen zu dürfen. Anfangs sind seine Eltern so gar nicht davon begeistert, willigen aber schließlich ein. Simons Euphorie bekommt jedoch einen gewaltigen Dämpfer, als er offenbart, dass er Jude ist. Denn da gehen die Probleme erst richtig los …

Warum man nicht aufhören darf, über Antisemitismus zu sprechen

Reiner Engelmann ist bekannt für seine Jugend-Sachbücher zum Thema Antisemitismus und dem traurigen NS-Kapitel deutscher Geschichte. Diese Beiträge sind wichtig, um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass der millionenfache Massenmord real war, der Hass gegen Juden aber auch noch nicht weg ist. Mit Ich bin Jude greift Engelmann dies auf und konfrontiert offensiv mit dem wachsenden Antisemitismus in Deutschland. Diesmal hat er jedoch eine Geschichte darum herum geschrieben und die fiktive Figur Simon sprechen lassen.

Besonders der Untertitel „Euer Antisemitismus ist mein Alltag“ spiegelt das wider, was so verkehrt läuft in unserer Gesellschaft: Hass und Ausgrenzung werden nicht mehr versteckt geäußert, sondern auch über soziale Medien verbreitet. Doch hinter den ausgegrenzten und beschimpften Menschen stecken reale Personen, die nur in Frieden ihre Religion ausleben wollen. Das bringt Engelmann authentisch rüber.

Leider funktioniert die Einbettung in die Geschichte aber nicht. Es fehlt an Hintergründen, Bezügen, Konsequenzen, Ideen, Möglichkeiten … Vielleicht ist es vom Autor auch zu viel verlangt, etwas zu entwirren, was so tief verwurzelt ist. Aber als Sachbuch wäre es verständlicher geworden. Oder die Geschichte um Simon hätte anders gestaltet werden können: Es bietet sich kein Ausweg – besonders der Umgang in seiner Schule ist frustrierend. Wie soll man sich als Lehrkraft, als Elternteil, als Schülerin oder Schüler verhalten, wenn man Antisemitismus erlebt? In dem Buch kann man nur zugucken, wie Simon unter dem Hass leidet – und für sich eine ganz pragmatische, aber nicht zufriedenstellende Lösung findet.

Fazit

Ein Thema so wichtig wie notwendig! Die Einbettung in eine Geschichte wird dem aber leider nur wenig gerecht.

Ich bin Jude

Reiner Engelmann, cbt

Ich bin Jude

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