Wie ein Stück Blei auf der Seele
Ruth ist Gegensatz pur: Optisch zuckersüß und pastellbunt, im Innern düster und dunkelgrau. Denn Ruth trauert. Der Schmerz über den Tod ihres besten Freundes hat sich zu einer tiefen Depression entwickelt, aus der Ruth sich nur mit Mühe hochzukämpfen versucht. Nach einem Jahr ist sie ans College zurückgekehrt und versucht, dort wieder Anschluss an ihr altes Leben zu finden. Doch so einfach ist es nicht, denn Ruth taucht immer wieder ab in die Dunkelheit der Depression und findet kaum einen Ausweg. Im College trifft Ruth auf Dominic, der alles andere als ein angepasster junger Mann ist. Seine unkonventionelle Art und sein sichtliches Interesse an ihr, durchdringt den dicken Panzer von Ruth. Dennoch muss sie immer wieder an sich arbeiten, um den lähmenden Momenten der Depression keinen Raum mehr zu geben.
Den Schmerz nicht loslassen können
Autorin Emily Bähr geht sehr dicht an ihre Protagonistin Ruth heran. Sie lässt ihre Leserinnen und Leser teilhaben an der langsamen Entwicklung der jungen Frau, die kaum in der Lage ist, die Trauer über den Tod ihres besten Freundes zu bewältigen und den Schmerz loszulassen. Immer wieder drohen die mühsam erkämpften kleinen Schritte verloren zu gehen, immer wieder schwappt die Depression hoch. Für die Leserinnen und Leser ist dies eine Herausforderung – immer wieder legt sich das Düstere, Dunkle in Ruths Leben wie Blei auf die Geschichte. Zwar wird dabei der Lesefluss nicht gehemmt, doch präsentiert sich Catching Stardust nicht etwa als Young-Adult-Liebesgeschichte, sondern als eine intensive und schonungslose Konfrontation mit den Themen Depression und Trauer. Die Liebesgeschichte selber bleibt bei dieser Intensität irgendwie auf der Strecke, auch wenn sie durchaus genügend Raum einnimmt.
Dominic geht unter
Die Story basiert auf den beiden Protagonisten Ruth und Dominic. Während Ruth als eine vielschichtige und höchst sensible junge Frau gezeichnet ist, geht Dominic irgendwie unter. Er vermag sich trotz Charme, Humor, Individualität und natürlich seinem attraktiven Äußeren nicht durchzusetzen und bleibt bis zum Schluss eine eher blasse Figur. Dennoch tut er der Story so gut, wie er auch Ruth gut tut. Er bringt etwas Leichtigkeit in das Thema, ohne es zu dabei zu verharmlosen oder klein zu reden. Und wohl nur durch den Umstand, dass der junge Mann so klar ins zweite Gleis verwiesen wird, bekommt Ruth den Raum, den sie braucht, um das Thema vollkommen auszubreiten. Emily Bähr hilft ihr dabei und zeigt Betroffenen im echten Leben mit dieser Geschichte, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine sind. Die Triggerwarnung zum Buch ist durchaus angebracht – die Geschichte geht nahe und dringt bis ins Innerste, selbst wenn man keinen Hang zur Depression hat.
Fazit
Autorin Emily Bähr lässt Ruth als Stellvertreterin vieler Betroffener einen harten Kampf ausfechten. Das tut sie gekonnt und überzeugend. Wenn auch das Buch eher dem Thema Depression, denn der Liebesgeschichte gewidmet ist, so ist es doch eines der Werke, die tief berühren.
Deine Meinung zu »Catching Stardust«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!