Wie ein leuchtender Stern
- Sauerländer
- Erschienen: Februar 2022
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übersetzt von Henriette Zeltner-Shane; Hardcover, 288 Seiten
ISBN: 9783737359023
Wer anders ist, ist einsam
Die junge Muslima Shadi versucht, alles richtig zu machen. Sie trägt Kopftuch und verhält sich so, wie es von ihr erwartet wird. Doch das ist gar nicht so einfach, denn nur wenige Jahre nach 9/11 bekommt Shadi den wachsenden Rassismus gegen die Angehörigen ihrer Region hautnah zu spüren. Doch der Rassismus geht nicht nur von Shadis Klassenkameraden aus. Auch in der persischen Gesellschaft, in der sich Shadi bewegt, ist der Rassismus allgegenwärtig. Besonders hart trifft es Shadi, dass auch die Freundschaft zu Zahra auf der Kippe steht. Denn Shadis beste Freundin argwöhnt, dass sich Shadi an ihren Bruder Ali heranmachen will. Um auf gar keinen Fall etwas falsch zu machen, zieht sich Shadi zurück. Das bedeutet für sie Einsamkeit. Denn nach dem Unfalltod ihres Bruders muss Shadi erleben, wie ihre Familie langsam zerbricht. Depression, Krankheit, Sprachlosigkeit: Das alles macht sich breit und lässt Shadi hilflos zurück.
Man muss sich darauf einlassen
Nein, Wie ein leuchtender Stern ist kein Buch, das man eben mal so zur Unterhaltung liest. Spätestens nach den ersten Sätzen wird klar, dass hier einiges vom Publikum abverlangt wird. Allem voran die klare Forderung, sich mit der Geschichte intensiv auseinanderzusetzen. Weder der Schreibstil noch der Aufbau der Geschichte sind eine Einladung, sich in den Roman quasi hineinsinken zu lassen. Sie verlangen Aufmerksamkeit, die Bereitschaft, sich auf eine ungewohnte Art der Erzählung und des Themenmixes einzulassen. Obwohl mit Shadi eine junge Frau als Protagonistin im Mittelpunkt steht, sind es die verschiedenen Themenbereiche, die die Geschichte letztlich ausmachen und oft ein bedrückend düsteres Bild zeichnen.
Die Sicht der Betroffenen
Dass die Autorin Tahereh Mafi aus einer „Innensicht“ schreibt, wird bald deutlich. Sie schildert Erlebnisse, die einigen der jungen Leserinnen und Leser zwar in ähnlicher Form vertraut sein dürften, die aber anderen in dieser Intensität fremd sein dürften. Allerdings schreibt die Autorin sehr stark aus der Sicht einer reiferen Frau, die auch einen entsprechenden Umgang mit den fortlaufenden Kränkungen und Verunsicherungen hat. Das führt dazu, dass Shadi immer wieder zu abgeklärt wirkt, zu „alt“. Dies irritiert und nimmt der Geschichte diese jugendliche Komponente, mit der sich gerade die angesprochene Zielgruppe der Jugendlichen ab 13 Jahren identifizieren könnten.
Dennoch ist Wie ein leuchtender Stern ein wichtiges Buch, denn die Themen, die darin angesprochen werden, sollten auf breiter Basis ins Bewusstsein der Menschen Einzug finden. Gerade die Ausgrenzung eines anderen Menschen aufgrund dessen äußerlichen Merkmalen oder seiner Religion ist auch heute – rund 20 Jahre nach der Zeit, in der die Geschichte spielt – eine noch immer traurige Realität. Sehr gut nachvollziehbar ist auch der Schmerz Shadis über die Veränderungen in der Familie, die sich kaum greifen lassen und die doch dazu führen, dass sich jedes einzelne Familienmitglied einsam fühlt.
Fazit
Wie ein leuchtender Stern ist ein Roman, der bei den jungen Leserinnen und Lesern viele unterschiedliche Gefühle zu wecken vermag. Die meisten von ihnen sind allerdings eher bedrückend und mitunter verstörend. Der Roman hat großes Potenzial, das Publikum zum Nachdenken über Rassismus, Ausgrenzung, Ablehnung, Depression, Krankheit und Einsamkeit anzuregen.
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