Roxy

übersetzt von Kristian Lutzke und Pauline Kurbasik; Broschur, 448 Seiten

ISBN: 9783737361200

Roxy
Roxy
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Sabine Bongenberg
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJun 2022

Einiges ist doch ein wenig zu verklausuliert

Isaac lernt Roxy kennen, als es ihm gerade nicht gut geht. Nach einer Schlägerei mit dem abgerockten Freund seiner Schwester hat er sich doch ganz ordentlich verletzt. Ausgerechnet jetzt, wo doch so wichtige Spiele seines Teams auf dem Plan stehen! Roxy kann helfen, ihr ist es zu verdanken, dass er schnell wieder auf die Beine kommt. Roxy ist aber andererseits eine ganz schöne Klette. Ist sie einmal da, macht sie sich immer breiter und – seien wir ehrlich – sie klammert doch ganz ordentlich.  Andererseits – Isaac will sie auch gar nicht mehr so recht loslassen.

„Roxy“ ist in den USA unter ihrem richtigen Namen „Roxicet“ bekannt und ist ein Schmerzmittel, das dafür bekannt ist, schnell süchtig zu machen oder aber den Eintritt zu härteren Drogen zu bieten.

„Türen haben keine Bedeutung für mich. Man kann mich nicht aussperren.“

Das Vater-Sohn-Gespann der beiden „Shustermänner“ widmet sich hier einem Problem, das mittlerweile in den USA ein gigantisches Ausmaß angenommen hat: Die Abhängigkeit von Schmerzmitteln, die auch den bequemen Einstieg zu härteren Substanzen bieten, wenn der Konsument mit diesem Mittel irgendwann einmal nicht mehr zufrieden ist. Die beiden Autoren lassen die unterschiedlichen Drogen – zu denen auch die Althergebrachten, wie Alkohol oder Nikotin gehören – regelmäßig auf einer Party zusammenkommen. Sie kennen sich – es gibt die blasierten Chefs, die kleinen Mitläufer und die alteingesessenen Stammgäste. Nicht alle werden als Rauschmittel benutzt, einige haben ihren feste Bestandteil in der Notfallmedizin, andere sind von der anrüchigen Hippie-Droge mittlerweile zum legalisierten „Normalo“ aufgestiegen, und wieder andere sind ganz aus der Mode gekommen. Alle haben aber eines gemeinsam, dass sie ihren an sie gewöhnten menschlichen „Party-Gast“ nach Möglichkeit behalten wollen – alle haben auch gemeinsam, dass sie die User ihrer Drogenkollegen nach Möglichkeit verführen und in ihr Lager bringen wollen.

„Wir haben ganz locker angefangen, aber jetzt ist er schon verrückt nach mir.“

Roxy wird hier als das verführerische Mädchen beschrieben, dem es gelingt, den arglosen und bisher nicht mit Drogen in Berührung gekommenen Isaac schrittweise einzuwickeln und natürlich damit in die Abhängigkeit zu treiben. Sie erzählt als Ich-Erzählerin, über die menschlichen Protagonisten wird dagegen aus der Sicht eines Beobachters berichtet. Mir gefiel gut, wie Isaacs langsames Abdriften in die Drogenwelt beschrieben wird. Wie seine Freunde wahrnehmen, dass er sich verändert hat, aber die Gefahr nicht erkennen oder aber zu sehr darauf vertrauen, dass er sich wieder aus Roxys Umarmung lösen kann.

Gut dargestellt war auch, wie seine Schwester Ivy in die Fänge eines anderen kleinen „Helferleins“ – dem Adderall, aus dem Hause der Amphetamine – gerät. Sie stürzt sich weniger in einen Rausch, sondern in die Arbeit und wandelt sich in einen Lernroboter. Auch sie erfährt eine gewaltige Änderung ihrer Persönlichkeit und abhängig ist sie von dem Medikament sowieso.

Was mir nicht gefiel und mich auch abschnittsweise nervte, war die gelegentlich zu menschliche Beschreibung der unterschiedlichen Drogen und – ehrlich gesagt – war ich generell über ihre Personifizierung nicht so ganz glücklich. Eine Droge hat nun mal keinerlei Gefühle und hätte sie doch eins, dann wäre es reine Geldgier und nichts anderes. Dazu kommt noch, dass es oft ein Rätselraten war, welche Substanz sich als Ich-Erzähler denn gerade vorstellte. Jugendlichen ab 14, denen ich unterstelle, dass sie sich – hoffentlich – auf dem Drogensektor nicht so auskennen, dürften sich auch schwer damit tun, die einzelnen Stoffe zu identifizieren. Gelegentlich erinnerte mich das Ganze an ein Treffen der Götter auf dem Olymp und gerade das missfiel mir noch einmal mehr, sah ich doch darin eine gefährliche Überhöhung. Ich hatte auch ein bisschen ein Problem mit der eigentlichen Heldin. „Roxy“ war mir ehrlich gesagt überhaupt nicht bekannt, denn das Problem der massenweisen Abhängigkeiten von diesem Medikament spielt sich noch in erster Linie in den USA ab.

Hilfe – wo und wie?

Bei diesem wichtigen Thema hätte ich mir allerdings auch gewünscht, dass am Ende der eigentlichen Erzählung Hilfsangebote und Hilfestellungen für Jugendliche, User, Betroffene, Familie und Freunde veröffentlich werden. Leider fehlte das hier ganz.
Was ich nicht verstanden habe, waren dagegen die versteckten Worte, die sich zu Beginn eines jeden Kapitels aus den fett gedruckten Buchstaben ablesen ließen. Dazu wurde am Ende des Buches eine Aufstellung – ohne weitere Erläuterung abgeliefert. Ich empfand das irgendwie, als ein wenig zu viel des Guten.

Fazit

Neal und Jarrod Shusterman nähern sich einem ernsten und sehr aktuellen Thema auf einem neuen Weg. Für meinen Geschmack ist einiges zu verklausuliert und zu mysteriös gestaltet, dennoch gelingt es den beiden Autoren eindringlich und gleichzeitig spannend

Roxy

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