Das Leben als Flüchtling
Endlich scheint es für Madina besser zu laufen. Seit die Teenagerin als Flüchtling mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen ist, hat sich vieles verbessert. Besonders, dass Madina nun ihre Freundin Julia jeden Tag sehen kann, weil sie im selben Haus wohnen, hilft dem Mädchen, die traumatischen Ereignisse der letzten Jahre besser zu verarbeiten. Aber da ist immer noch ihre Mutter, die sich mehr und mehr in ihren Depressionen verliert. Und Madinas Bruder Rami, der sich immer rebellischer zeigt, bis er endlich einen Freund und damit etwas Halt findet. Einen Halt, den er jedoch wieder verliert, als sich der Fremdenhass im Dorf breit macht und Madina und ihrer Familie immer stärker zusetzt. Madina möchte nicht verlieren, was sie sich seit ihrer Flucht vor dem Krieg aufbauen konnte. So stellt sie sich dem aufkeimenden Rassismus mit all seinen unschönen Facetten entgegen und erlebt, was Freundschaft bedeutet.
Dynamischer Prozess
Durch die gewählte Form der Erzählung (Madina schildert ihr Leben in einer tagbuchähnlichen Form) entsteht ein dynamischer Prozess, an dem die Leserinnen und Leser unvermittelt teilhaben. Sie erleben dadurch nicht nur die aufregenden Momente in Madinas Leben, sie bekommen auch die ganze Tragik und die Ängste um die depressive Mutter und das auffällige Verhalten Ramis mit. Die einfache, aber stimmige Sprache, mit der die Protagonistin ihre Sicht auf die Dinge schildert, holt die Menschen an dem Ort ab, an dem sie stehen und führen sie ins Zentrum des kleinen Dorfes, in dem sich mehr und mehr Rassismus ausbreitet. Wach werden einerseits die Hoffnungen und Träume der Teenagerin, andererseits auch – wenngleich etwas stark abgemildert – die Ängste und Schrecken der vergangenen Jahre. Die Erzählweise schafft eine Nähe, der sich das Publikum nur schwer entziehen kann und wirft gnadenlos die Frage auf, wo man selber stehen würde in dieser Situation und ob man mit diesem Mut und dieser Konsequenz auf die Anfeindungen antworten würde.
Etwas in der Luft hängend
Obwohl dieses Buch auch dann eine berührende und gut nachvollziehbare Geschichte ist, wenn man den ersten Band nicht gelesen hat, bleibt man doch da und dort etwas in der Luft hängen. So wäre es wünschenswert, dass der Verlag deutlich darauf aufmerksam macht, dass es sich hier um einen Folgeband handelt und es sinnvoll ist, zuerst den ersten Teil der Geschichte zu lesen. Besonders die Frage zu Beginn, weshalb Madina jetzt so davon schwärmt, in unmittelbarer Nähe ihrer Freundin zu wohnen, bekäme ein ganz anderes Gesicht. Grundsätzlich ist es aber auch so möglich, sich mit der Vorgeschichte der Protagonistin vertraut zu machen – man wird einzig mit der einen oder anderen Lücke leben müssen.
Fazit
Dazwischen: Wir ist ein wichtiges Buch, das gleich mehrere Themenkomplexe aufnimmt. Die Gewichtung der verschiedenen Themen ist harmonisch abgestimmt, fordert aber von den Leserinnen und Lesern einiges ab. Das Buch bildet eine interessante Grundlage, die verschiedenen Themenkomplexe etwa in einem Klassenverband oder in einer Jugendgruppe zu besprechen.
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