Shelter

  • Loewe
  • Erschienen: Oktober 2021
  • 0

Hardcover, 448 Seiten

ISBN: 9783743200517

Shelter
Shelter
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Sabine Bongenberg
8101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJan 2022

Tolle Spannung, super Tempo – aber vom Weg abgekommen

Die ganze Geschichte startet als übliche „Schnapsidee“ in den frühen Morgenstunden nach einer wilden Geburtstagsparty. Der harte Kern des Freundeskreises – Nando, Liv, Darya, Benny und Tim, die noch als letztes „Treibgut der Nacht“ weiter feiern wollen – kommt auf die verrückte Idee, seine eigene Verschwörungstheorie ins Leben zu rufen. So entsteht die abstruse Geschichte von Außerirdischen, die sich in Menschen einquartieren – sie regelrecht besetzen – und andere „Wirte“ oder „Shelter“ kontaktieren wollen, um gemeinsam die Welt zu verändern. Natürlich müssen jetzt noch ein paar eigenartige Symbole her, die zeigen, dass die so gewählten „Shelter“ tatsächlich miteinander kommunizieren und so zieht die angeheiterte Truppe durch ihre Heimatstadt und hinterlässt eine Vielzahl geheimnisvoller Zeichen. Anschließend müssen sie sich nur noch entspannt zurücklehnen und zusehen, wie die Mutmaßungen ins Kraut schießen. Aber so lustig, wie das Ganze am Anfang auch sein mag: Niemand hätte damit gerechnet, dass die Hypothesen so schnell durch die Decke gehen. Keiner hätte geglaubt, dass einige „Spinner“ mit eigenen Theorien die „Aliensaga“ kapern könnten und ganz bestimmt und niemals hätte jemand damit gerechnet, dass die „Shelter“ plötzlich die Helden in der Geschichte sein könnten und jeder der etwas gegen sie oder gegen die wirre Verschwörungstheorie sagt, als Übeltäter oder Schädling behandelt wird und plötzlich Konsequenzen fürchten muss…

Unsere tägliche Verschwörungstheorie gib uns heute

Ursula Poznanski widmet sich mit ihrem neuem Roman einem sehr zeitgeistigen und spannenden Thema: Dem Entstehen und der Verbreitung von Verschwörungstheorien und dem Versuch, die einmal entstandene Welle wieder zu brechen. Die Geschichte beginnt mit der verrückten Idee eines ausgelassenen Freundeskreises, die sich eben über die Anhänger von Verschwörungstheorien lustig machen wollen und eine möglichst abstruse aber vielleicht noch gerade denkbare Theorie entwickeln. Die Hauptperson des Romans ist Benny, der sich gerade auf die Aufnahme zur Schauspielschule vorbereitet und neben den „normalen“ Problemen auch noch einen finsteren Punkt in seiner Vergangenheit mit sich trägt. Er ist derjenige, der am meisten Zweifel am neuen Projekt mit sich trägt und auch derjenige, der von den bedrohlichen Entwicklungen am stärksten betroffen ist. Er erkennt viel schneller als die anderen, dass er und seine Freunde ein Monster erschaffen haben, das vermeintlich eine solche Wucht entwickelt hat, dass es kaum mehr aufzuhalten ist. Damit ist noch ein weiteres Spannungsmoment eingeführt, denn die Autorin kann hier fesselnd vermitteln, wie Benny seinen Kampf gegen die „Verschwörungstheoretiker“, gegen seine alten Dämonen und auch gegen seine Freunde, die lange Zeit vieles noch verharmlosen, allein führen muss und damit zwischen den Fronten aufgerieben wird.

Poznanski hat mittlerweile in vielen Büchern bewiesen, dass sie eine absolute Könnerin ihres Fachs ist und so erzeugt sie eine fast atemlose Spannung, die es mir kaum möglich machte, das Buch aus der Hand zu legen. An vielen Punkten fragte ich mich dann allerdings auch, wie die Autorin die geschaffene Entwicklung überhaupt noch aufhalten will, denn mir erschienen viele Aspekte der neu geschaffenen Bewegung schon als zu mitreißend und gewaltig. Offensichtlich stellte sich die Autorin diese Frage auch und hier kommt jetzt der Punkt zum Tragen, der mir an dem Buch nicht gefiel: Am Ende stellt sich heraus, dass ein paar Sachen doch anders waren als sie schienen. Das führt zwar auch zu einem stimmigen und bis zum Schluss spannenden Ende – aber der einmal eingeschlagene Weg der kruden Verschwörungsszene wird doch nicht mehr ganz eingehalten. Sicher, es wäre auch schwer gewesen, die einmal entfesselte Flut wieder einzufangen, aber dennoch ließ das Thema erwarten, dass sich das Buch nur darum dreht. So aber erzählt die Autorin dann zum Schluss doch noch einen recht handelsüblichen Krimi, bei dem mir zudem recht bald klar war, wer denn der geheimnisvolle Unbekannte sein könnte.

Fazit

Ursula Poznansikis Shelter zeigt, wie schnell eine belanglose Idee, die im Internet veröffentlicht wird, eine Eigendynamik entwickeln kann, die sich selbst gegen ihre Schöpfer richtet. Bis zur letzten Konsequenz wird diese Idee nicht durchgespielt, dennoch hinterlässt vieles in diesem spannenden Roman ein mehr als ungutes Gefühl.
 

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