Eine Spirale der Gewalt
Zusammen mit ihren Eltern ist Vio aus München weg und in das kleine Dorf in Süddeutschland gezogen und endlich soll hier wieder alles gut werden! Ihre Eltern übernehmen eine Gaststätte und wollen ihre Gäste zukünftig mit den rumänischen Spezialitäten verwöhnen, deren Rezepte sie aus ihrer Heimat mitgebracht haben. Vio selbst wünscht sich nur einen Neustart, denn nach einer großen Mobbingwelle in München war es da zuletzt nichts mehr schön. Dafür ist der Neustart in dem kleinen Dorf mehr als vielversprechend, denn Vio bekommt bald Anschluss an eine nette Clique und – was noch viel toller ist – hier lernt sie den sympathischen, großen, stillen und gut aussehenden Konstantin kennen. Bald bringt er ihr Herz dazu, deutlich schneller zu schlagen. Aber das Leben in der kleinen Gemeinde bringt auch Schattenseiten mit sich: Offensichtlich sind nicht alle gegenüber Fremden aufgeschlossen. Da finden sich fremdenfeindliche Sprüche am Neubau des geplanten Asylantenheims und auch Vio kann sich über das Restaurant ihrer Eltern so einiges anhören. Damit nicht genug: Als Konstantin sich von den rassistischen Sprüchen seiner Freunde einwickeln lässt, verdecken dunkle Schatten die bisherige Sommerstimmung.
Fremdenhass und Mobbing
Adriana Popescu, deren Eltern aus Rumänien stammten, musste sich als Kind, als Jugendliche und auch als Erwachsene viele hässliche Sprüche über ihre Herkunft anhören. Meistens wurde dann noch angehängt, dass das doch nur ein „Spaß“ gewesen sei. Aus ihren Erfahrungen und aus denen, die ihr Leser und Leserinnen schilderten, schrieb sie den Roman Wie ein Schatten im Sommer. Er zeigt, wie schnell sich Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entwickeln und wie ein Lauffeuer immer weiter vergrößern können.
Ihre Heldin Vio muss sich mit ihren Eltern an ein neues Leben in dem kleinen Ort gewöhnen und anders als den beiden fällt Vio das wesentlich schwerer. Sie ist nämlich der Meinung, dass sie am Umzug nicht ganz schuldlos ist, wurde doch gegen sie eine Mobbingwelle gestartet, die es ihr zuletzt unmöglich machte, in ihrem alten Freundeskreis und der gewohnten Umgebung glücklich zu sein. Vio wird daher zwischen mehreren Fronten zerrieben, denn sie ist es, die fremdenfeindliche Aussagen nicht einfach stillschweigend hinnehmen will – andererseits ist aber auch der „Shit Storm“ aus München eine ihrer empfindlichen Stellen. Sie muss bei dem Neustart ihrer Familie erleben, wie sich fremdenfeindliches Verhalten langsam und gnadenlos hochschaukeln kann und wie auch ganz normale Motive, wie zum Beispiel Eifersucht, plötzlich hässliche Sprüche befeuern können.
Popescus Roman ist nicht einfach zu lesen. Die Ansichten, die hier nicht nur zwischen den Zeilen zu lesen sind, sondern vielmehr deutlich zu Tage treten, waren abschnittsweise schon für mich als erwachsene Leserin schwer zu verdauen. Ich musste auch beim Lesen immer wieder Pausen einlegen, empfand ich doch die immer weiter fortschreitende Entwicklung der Übergriffe als sehr bedrückend. Regelrecht gruselig fand ich auch, dass dem rechtsradikalen Gelaber offensichtlich keiner entgegentritt und die alten, verqueren und schlichtweg dummen Parolen weiterhin kritiklos aufgegriffen werden. Schwer zu ertragen war für mich auch, wie sich die Spirale der Gewalt beginnt zu drehen und sich über dumme Sprüche, zu Schmierereien und zuletzt zu einer Menschenjagd entwickelt. Einige Schwierigkeiten hatte ich auch mit der Figur des Konstantin, konnte ich doch nicht verstehen, aus welchem Grund er sich doch einerseits sehr zu Vio hingezogen fühlt, andererseits aber den hirnlosen Aussagen seiner vermeintlichen Freunde nichts entgegenzusetzen vermochte.
Fazit
Adriana Popescu schildert in Wie ein Schatten im Sommer nicht nur einen plötzlichen Wolkenschatten, sondern vielmehr eine Eiszeit, die durch fremdenfeindliche Sprüche plötzlich das Leben zum Gefrieren bringt.
Deine Meinung zu »Wie ein Schatten im Sommer«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!