Wenn eine Freundschaft toxisch wird
Die Lehrerin hätte Matthis keinen schlechteren Dienst erweisen können, als ihn der neuen Klasse als gescheiterten Gymnasiasten vorzustellen. Sofort ist Matthis bei der Klasse unten durch, wird als Streber gesehen und entsprechend abgelehnt. Dass er ausgerechnet dem Klassenmacho Ramon seine Hilfe in Mathe anbietet, macht die Sache nicht besser. Ramon, der sich von Matthis gedemütigt fühlt, macht Stimmung gegen den neuen Schüler. Doch da greift Richard ein, der vor allem bei den Mädchen begehrteste Junge des Jahrgangs. Er stellt sich hinter Matthis und verweist Ramon in seine Schranken. Matthis ist beeindruckt und nur zu gerne bereit, Richards Freundschaft anzunehmen. Selbst als Richard beginnt, gegen Oleg zu sticheln, mit dem sich Matthis ebenfalls anzufreunden beginnt, wird die Situation ungemütlich. Als sich Matthis etwas von Richard entfernt, merkt er, dass er von diesem mehr vereinnahmt wurde, als gesund ist.
Es bleibt an der Oberfläche
Das Setting ist überzeugend, die Charaktere wunderbar eingesetzt und überzeugend ausgearbeitet. Die Voraussetzungen für einen tiefgründigen Roman hat Autor Daniel Höra durchaus geschaffen. Doch Höra kann das Potenzial nicht vollständig abrufen. Er bleibt mit seiner Geschichte zu sehr an der Oberfläche, um wirklich große Emotionen zu wecken. Zwar ist teilweise nachvollziehbar, weshalb Matthis sich nicht schneller gegen Richards übergriffige und oft herablassende Art wehrt, dennoch scheint Matthis in vielen Bereichen etwas gar naiv, erst recht vor dem Hintergrund, dass ihm die Ungereimtheiten ja teilweise selber auffallen und nicht nur durch Dritte sichtbar gemacht werden. Hier hätte es noch etwas mehr Geschichte drumherum gebraucht, um die Handlungsweise von Matthis tatsächlich verstehen zu können. Auch Richard selber bleibt als Figur blass, er vermag den Raum, der ihm vom Autor zugestanden wird, nicht überzeugend zu füllen.
Wichtiges Thema angesprochen
Dass Daniel Höra mit dem Thema „Toxische Freundschaft“ eine wichtige Sache anspricht zeigt sich alleine schon an der Tatsache, dass solche Kombinationen an nahezu jeder Schule vorkommen und für die Betroffenen oft langfristige Folgen haben. Der Roman zeigt zwar in Ansätzen auf, wie es zu dieser toxischen Freundschaft kommen kann und zeigt auch die Mechanismen auf, denen sich der dominierende Teil bedient, um den anderen Teil der Freundschaft nach und nach zu vereinnahmen. Doch scheint der Verlauf etwas gar glatt und schnell zu verlaufen – wie auch Matthis Ausstieg aus dieser Verbindung ohne große Schwierigkeiten möglich ist. Da zeigt die Realität meist ein etwas anderes Bild und es hätte dem Roman auch vom Spannungsbogen her gut getan, den Kampf, eine solche Freundschaft zu verlassen, etwas deutlicher zu zeigen.
Fazit
Von wegen Freundschaft behandelt ein wichtiges Thema auf eine einfache und auch für Wenigleser gut verträgliche Art. Dennoch hätte man sich von diesem Roman etwas mehr Tiefe und Fülle gewünscht.
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