Matching Night: Küsst du den Feind?

Hardcover, 352 Seiten

Band 1 von 2 aus der Matching Night-Reihe

ISBN: 9783473402014

Matching Night: Küsst du den Feind?
Matching Night: Küsst du den Feind?
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Sabine Bongenberg
5101

Jugendbuch-Couch Rezension vonMär 2021

Alles was die Mädels brauchen – lange Limos und Latte Macchiato

Cara hatte es sich so gewünscht: am altehrwürdigen, elitären St. Josephs College anfangen und war daher überglücklich, als es tatsächlich funktioniert hat. Aber dann häufen sich die Probleme: Ihre vorgesehene Wohnung ist nicht mehr zu bekommen, das Ersatz-Bed-and-Breakfast ist kilometerweit von ihrem College entfernt und sie hat keine Ahnung, wie sie die Studiengebühren und überhaupt ihr tägliches Auskommen finanzieren soll. Da offenbart sich eine neue Möglichkeit: Wäre Cara Mitglied der Studentinnenverbindung „The Ravens“ hätte alle Not ein Ende, denn die Verbindung stellt eine Unterkunft und finanziert ihr komplettes Studium.

Voraussetzung ist natürlich die Aufnahme und die ist gar nicht so einfach: Gemeinsam mit einem Anwärter für die männliche Studentenverbindung „The Lions“ – einem so genannten „Match“ – muss Cara verschiedene Prüfungen bestehen. Damit ist es aber allein nicht getan: beide sollen glaubhaft vermitteln, dass sie ein Paar sind und klappt das – oder eine der Prüfungen – nicht, dann war es das mit der Ravens-Mitgliedschaft…

„Du weißt, dass die Ravens keine miese Publicity dulden.“

Nach dem Lesen der Matching Nights fragte ich mich, ob sich – sofern es die „Ravens“ hier in Deutschland geben würden – nicht der Verfassungsschutz dafür interessieren würde, denn dass dieser Verband die Vorgaben der Demokratie sehr „entspannt“ auslegt, das zeigt sich alsbald: Wer bei den Ravens mitmachen will, der darf nichts erzählen, was ein negatives Licht auf die Gruppierung werfen könnte – etwas, das bei uns „Zensur“ genannt wird. Die Kandidatin muss zumindest während der Probephase ein Armband tragen, das einerseits ihre Position anzeigt und andererseits belegt, dass sie sich nicht allzu weit von ihrem „Match“ entfernt. Die zuletzt vor dem Verfassungsgericht diskutierte „Fußfessel“ im Strafvollzug funktioniert ja ähnlich.

Der „Match“ wird ohne Zutun der Kandidatin von den Ravens und Lions bestimmt und bringt die gute, alte Zeit zurück, als die Muttis und Papis, die es ja besser wussten, dem ahnungslosen Töchterchen einen standesgemäßen Ehemann aussuchten. Auf das Konto der Verbindungen gehen noch die Anstiftung zu einer Straftat, sowie diverse schwere Verstöße gegen den Datenschutz. Zusätzlich wird massiver Druck ausgeübt, dass die beiden Matches eine Nacht splitterfasernackt gemeinsam in einem Bett verbringen müssen – das könnte dann schon eine Nötigung sein. Ohne es genau zu wissen, vermute ich, dass auch die englischen Ordnungshüter diese Organisation nicht so gerne sehen würden.

Cara, die immerhin einen Studienabschluss erzielt hat, der sie zu der geistigen Elite ihres Landes rechnet, scheint sich an diesen ganzen Punkten nicht zu stören. Begeistert stürzt sie sich auf die tollen Latte Macchiatos, die im stylishen Verbindungshaus serviert werden, lässt sich in der langen Limo von Party zu Party kutschieren und die neue beste Freundin Dione näht die traumhaftesten Ballkleider. Alles wäre in Butter, wenn nicht ihr Match – kein geringerer als der Sohn der amtierenden US-amerikanischen Präsidentin – nicht oft so eklig gelaunt wäre und wenn doch die frühere beste Freundin Hannah nicht so viele Fragen zum neuen Glück hätte. Die richten sich zwar nur danach, dass eine frühere Anwärterin der Ravens auf mysteriöse Art und Weise verschwunden ist, aber immerhin ist wenigstens eine nicht dem Limousinen- und Latte Macchiato-Rausch verfallen, sondern stellt ein paar kritische Fragen.

Ungewöhnlich ist auch die Liebesgeschichte, die den Lesern aufgetischt wird. Cara kennt ihren Kommilitonen Tyler, der sich offenbar ständig im Flirtmodus befindet, schon länger, hat sich nie groß für ihn interessiert und erst als sie offensichtlich mit dem Präsidentensohn Joshua verkuppelt werden soll, da findet sie Tyler plötzlich „heiß“. Da ihr vorgesehener Partner bei weitem kein pummeliger, pickliger Nerd, der nur im Jogginganzug vor der Glotze herumgammelt, sondern durchaus ansehnlich ist, überrascht diese Entwicklung dann doch sehr. Möglicherweise hat Tyler aber auch ganz tief in die Trickkiste gegriffen, als er Cara bei einer harmlosen Verabredung zum Fernsehgucken nur mit einem Handtuch bekleidet entgegentritt oder er benutzt endlich das richtige Duschgel, denn von dessen Duft – frisch und fruchtig muss es sein – wird auf gefühlt jeder zweiten Seite einmal berichtet.

„Plötzlich fühle ich mich wie Vieh auf einer Versteigerung.“

Immerhin ist am Ende eine Steigerung der bisher nur mäßig vorhandenen Spannung zu sehen. Hier wird die ganze nervige Geschichte um Studentinnen, die sich von Geld, Einfluss und der guten alten Schickeria kaufen lassen, mehr in Richtung Krimi gerissen und endlich stellt sich die spannende Frage, wie die Geschichte um die Verbindung weiter geht.

Fazit

Matching Night – Küsst du den Feind? scheint in einer Epoche zu spielen, in der junge Frauen zugunsten einer noblen Ausbildung offensichtlich bereit sind, jede Kröte zu schlucken oder aber von Gleichberechtigung und Wahrung ihrer Rechte noch niemals etwas gehört haben. Inwieweit dieser Rahmen in das 21. Jahrhundert passt, dürfte somit ein paar Fragen aufwerfen, auch wenn das altehrwürdige St. Josephs College und auch die besuchten Schlösser der allesamt gut betuchten Studentinnen und Studenten für eine romantische Kulisse gut sind. Aber auch alte Gemäuer und flackernde Lüster schaffen es nicht, einen stimmigen Rahmen um eine Liebesgeschichte zu ranken, die man nicht so recht zu glauben vermag.

Matching Night: Küsst du den Feind?

Stefanie Hasse, Ravensburger

Matching Night: Küsst du den Feind?

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