Der Junge aus dem Trümmerland

  • Magellan
  • Erschienen: Januar 2020
  • 1

Hardcover, 240 Seiten

ISBN: 9783734847233

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Thomas Breuer
10101

Jugendbuch-Couch Rezension vonMär 2020

Aus der Dunkelheit hinaus ins Licht

Für den zwölfjährigen Paul gerät die Welt aus den Fugen: Seine Mutter möchte einen Amerikaner heiraten – den Feind! Diese Vermählung muss verhindert werden. Mit allen Mitteln die Paul zur Verfügung stehen.

Was vom Kriege übrig blieb!

Zwei Jahre ist es her, als der Krieg sein Ende fand. Der zwölfjährige Paul lebt mit seiner Mutter in den Trümmerbergen von Berlin des Jahres 1947. Neben der Schule trifft sich der Junge regelmäßig mit seinen fünf Freunden. Gemeinsam haben sie eine Bande gegründet und durchstreifen beinahe täglich die Überreste der ehemaligen Hauptstadt auf der Suche nach Abenteuern und Wertsachen. Besonders Fundstücke von deutschen Soldaten lassen sich auf dem Schwarzmarkt gut verkaufen. So sichert Paul das Überleben für sich und seine Mutter.

Seine Mutter verdient ihren Anteil als Näherin. Dabei hat sie sich einen Amerikaner Namens Bill angelacht. Paul ist zwar nicht glücklich, dass seine Mutter mit einem GI flirtet, aber solange sie ihn vermeintlich nur ausnutzt, kann Paul damit leben. Erst als Pauls Mutter dem Jungen offenbart, dass sie Bill heiraten will, geraten seine Träume ins Wanken.

Feind bleibt Feind!?

Zu Pauls größten Wünschen zählt, dass sein Vater endlich nach Hause zurückkehrt. Seit Kriegsende gilt dieser als verschollen. Für den Jungen gleicht die bevorstehende Trauung seiner Mutter einem Hochverrat. Sie kann doch nicht einfach einen Feind ehelichen – noch dazu einen Schwarzen.

Auch für Bande sind die neuen Umstände schwer zu ertragen. Insbesondere Falke, die sechzehnjährige Anführerin, sieht es nicht gerne, wenn einer ihrer Rekruten sich den Feind zu sich ins Haus holt. Falke hat unter anderem im Volkssturm gekämpft und auch jetzt noch befiehlt sie Paul und seinen Freunden die Heimat zu verteidigen.

Mit dieser Weltanschauung konfrontiert, sieht Paul nur folgende Lösung: Wenn sein Vater nicht da ist, um seine Familie und Heimat zu beschützen, muss er das selbst tun – sogar, wenn er Bill dafür töten muss.

Die Welt besteht aus mehr als nur zwei Farben

Beeindruckend ist dieser Roman von Sarah Bergmann. Sie präsentiert hier keine einfache Nachkriegserzählung, wie sie so manche Autoren aus dem Ärmeln schütteln. Trotz der Nachwehen des Krieges stellt sie einen Jungen dar, der eigentlich voller Hoffnung auf ein besseres Leben ist und durch verstaubte Kriegspropaganda und falsche Naziparolen in einen Gewissenskonflikt gerät: Papa ist gut und der Herr im Haus, seinen Befehlen ist zu gehorchen; der Ami ist der Feind, auch wenn er manchmal Schokolade verschenkt.

Es ist sicher nicht einfach diesen Mantel aus Hass abzulegen, wenn er einem schon früh vorgesagt wird. Dennoch gelingt es Paul zu erkennen, dass es auf dieser Welt mehr Farben als nur Schwarz und Weiß gibt.

Um dem Leser auch den Zeitgeist zu vermitteln, wechselt die Autorin bei ihren Figuren teilweise ins Berlinerische und verwendet Wörter, die heute nicht mehr politisch korrekt sind. Zusätzlich findet der Leser am Schluss ein Glossar, welches einige Wörter und Abkürzungen erklärt.

Fazit

Ein hervorragend geschriebener Nachkriegszeitroman für Jugendliche ist Der Junge aus dem Trümmerland. Hier wird miterlebt, wie Paul erwachsen wird und sich von einer Kindheit löst, welche mit falschen Idealen vergiftet wurde.

Der Junge aus dem Trümmerland

Sarah Bergmann, Magellan

Der Junge aus dem Trümmerland

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