Mein London, eine Nacht und die Liebe

  • dtv
  • Erschienen: Juli 2019
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aus dem Englischen von Kattrin Stier; Broschur, 240 Seiten

ISBN: 9783423740470

Mein London, eine Nacht und die Liebe
Mein London, eine Nacht und die Liebe
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Sabine Bongenberg
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonOkt 2019

Ein bisschen zu viel des Guten

Es ist eine mehr als rasante Wendung, die diese Sommernacht in London nimmt. Sie startete als eine normale Partynacht, in die Sunny mit ihrer besten Freundin Emmeline aufbrach. Naja, ein bisschen mehr als eine normale Partynacht sollte es dann doch sein, hatte sich die Heldin und Ich-Erzählerin schließlich vorgenommen, den ersten Sex ihres Lebens mit ihrem Freund Mark zu erleben. Und jetzt das: Sunny bekommt Fotos zugespielt, auf denen ihr Freund eine andere küsst – richtig küsst und nicht etwa nur einen kleinen Schmatzer auf die Wange haucht. Damit nimmt eine temporeiche Reise durch London ihren Anfang, denn Sunny ist wild entschlossen, ihrem Mark einmal so richtig die Meinung zu geigen. Aber natürlich stellt sich auch die Frage: Ist es denn überhaupt ihr Mark?

Auf Streifzug durch das schöne London

Sarra Manning stellt in ihrem Roman verschiedene Akteure vor, die einem alsbald ans Herz wachsen. Da ist die 17-jährige Sunny, spontan, manchmal unbedacht und vor allem mit einem großen Herzen; die beiden skurrilen Franzosen Vic und Jean-Luc, die zwar immer wieder streitend und stichelnd, aber doch gemeinsam mit ihr durch die Stadt ziehen; und nicht zuletzt – möglicherweise die eigentliche Hauptfigur – die Stadt London selbst. Sie bildet mit ihren verschiedenen bunten Vierteln – die in den Kapiteln einem Reiseführer gleich vorgestellt werden, sobald die Handlung in ihnen spielt – die eigentliche Bühne des rasanten Geschehens. Rasant geht es hier nämlich tatsächlich zu, denn Sunny jagt ihrem untreuen Freund mit allem hinterher, was sich auf Londons Straßen finden lässt: Motorroller, Fahrräder, Rikschas sowie Taxis gehören dazu, und manchmal wollen deren Eigentümer sie eigentlich gar nicht hergeben. Überhaupt scheint in London in einer einzigen Nacht wesentlich mehr zu passieren, als in anderen Städten in einem ganzen Jahr. So hüpft unsere Heldin nicht nur von Club zu Club, sondern nimmt auch an spontanen Feten teil, geht mit einer gekonnten Tanzeinlage viral und lernt sich charmant zu behaupten.

Nicht ganz durchdachte Handlung

Leider hat Sara Manning aber ihrer Heldin aber auch ein riesiges Programm aufgebürdet, und das ermüdet mit steigender Erschöpfung von Sunnys Begleitern ebenso die Leser; denn eine Jagd, die weiter und weiter geht und mit dem wachsenden Wissen über den „miesen Mark“ immer sinnloser erscheint, ohne ein Ende zu finden, strapaziert nicht nur die Figuren. Überhaupt ist es irgendwann unverständlich, warum Sunny ihrem Mark überhaupt noch etwas mit auf den Weg geben will. Dieses Sendungsbewusstsein, dieser Wille, den anderen auf Teufel komm raus zu einem besseren Menschen zu erziehen, der nervt irgendwann.

Nicht immer gut durchdacht ist auch die Rolle der beiden Franzosen Vic und Jean-Luc, die hier als skurrile, gut aussende, streitsüchtige Gäste vom Kontinent angelegt sind. Sie sollen beide 19- oder 21-jährige Betreiber eines Cateringservices sein, werden aber teilweise zu widersprüchlich dargestellt, um in dieser Rolle zu überzeugen. So versucht der ältere Vic generell jede Frau, die ihm gefällt, zu bezirzen, wird aber auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, wenn diese erfahren, dass er noch im Haus der Eltern lebt und in Bettwäsche mit Rennautos schläft. Sicherlich, der Gag ist hier gar nicht mal schlecht – glaubwürdig macht er die Geschichte aber nicht.

Manchmal scheint die Autorin auch zu vergessen, dass es zum Beispiel Dinge, Bücher oder auch Filme gibt, die die eine Generation kennt, von denen die nächste aber noch nie etwas gehört hat. So erscheint es beispielsweise unwahrscheinlich, dass Sunny über die Helden aus dem Film „My Girl“ sinniert. Tatsächlich dürfte dieser den heutigen Kids wohl komplett unbekannt sein. Ob andere Klischees – wie die natürlich lesbische beste Freundin - auch unbedingt in das Buch eingebaut werden mussten, sei dahingestellt. Ihr Liebesleben wird so deutlich unbekümmert geschildert, bis es deutlich nicht mehr unbekümmert wirkt.

Fazit

Mein London, eine Nacht und die Liebe wäre mit einer guten Kürzung und etwas ernsthafteren Figuren ein Volltreffer. So bleibt es noch eine locker-leichte Sommerlektüre mit Helden, die zwar lustig und sympathisch vorgestellt werden, aber das Gefühl hinterlassen, dass sie eigentlich nicht recht in die heutige Zeit passen, und einer Geschichte, die zwar beim Lesen eine gute Laune hinterlässt, aber irgendwann doch einfach zu viel wird. Ein bisschen weniger wäre hier etwas mehr gewesen. Aber Spaß macht es trotzdem.
 

Mein London, eine Nacht und die Liebe

Sarra Manning, dtv

Mein London, eine Nacht und die Liebe

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