Er wünschte, das Phänomen häusliche Gewalt würde endlich aus seiner schmuddeligen Nische gezerrt werden und vor aller Augen in seiner ganzen grausamen Erbärmlichkeit daliegen.
Bea lebt in einem Albtraum: Ihr Freund Mikael setzt sie vor allem psychisch unter Druck, sperrt sie in einen unsichtbaren Käfig, aus dem sie nicht zu entkommen weiß. Ihr letzter Ausweg: ein Frauenhaus in Köln. In der Journalistin Romy findet sie eine Vertraute. Doch bald geschieht ein Mord und für Bea wird es Zeit, sich aus den Fesseln zu befreien.
Die trügerische Sicherheit eines Frauenhauses
Mit "Blutrosen" ermittelt Romy im finalen dritten Band der "Romy"-Trilogie in einem Fall, der ihr besonders nahe geht. Sie selbst ist Volontärin bei einer Kölner Zeitung, wo sie sich Dank ihrer Spürnase bereits einen Namen machen konnte. Daher wird ihr eine sensible Story zum Thema Frauenhäuser und häusliche Gewalt zugestanden. Ihre Recherchen führen sie schließlich zu Bea Hagedorn, die erst kürzlich vor ihrem Freund in eines der Kölner Frauenhäuser geflohen ist und sich nun Fleur nennt. Fleur hat aufgrund ihrer Erlebnisse Schwierigkeiten, zu anderen Menschen Vertrauen zu fassen. Doch im Gegensatz zu den anderen Frauen hat sie den Entschluss gefasst, zu kämpfen; daher hält sie ihre Geschichte mit Mikael fest und spielt diese Romy nach und nach zu.
"Seine Worte, seine Gesten, sein Lachen, seine lockere, lässige Art, all das hatte sie bezaubert. Damals." - So fasst Fleur die Anfänge zusammen, als sie ihn kennenlernte. Doch schnell zeigt sich, wie besessen Mikael von ihr ist. Dabei sollte er allein im Mittelpunkt ihrer Welt bleiben. Selbst Büchern oder CDs waren es nicht gestattet, die Aufmerksamkeit zu nehmen, die eigentlich ihm zugedacht war. Es ging nicht bloß um physische Gewalt, sondern um psychische Feinheiten, die ein Leben ohne Mikael unmöglich erscheinen ließen. So wurden die unsichtbaren Narben immer größer.
Romy ist geschockt, und je mehr sie darüber erfährt, desto entschlossener ist sie, die Story um Fleur groß rauszubringen. Doch schon bald wird eine Mitarbeiterin des Frauenhauses ermordet. Fleur ist sich sicher: Mikael hat sie gefunden. Doch kann sie ihrem Urteil wirklich trauen? Schließlich leben noch viele andere Frauen im Haus, die um ihr Leben fürchten müssen. Tage der Angst folgen, denn eines ist klar: Mikael kann überall lauern.
Minimale Spannung, jedoch eine solide Geschichte um Romys Sinn für Gerechtigkeit
Monika Feths neuer Roman prangert ein Thema an, dessen Dunkelziffer an Opfern um einiges höher liegt als die tatsächliche Zahl der Anzeigen: häusliche Gewalt. Viele Menschen trauen sich nicht, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, weil es in der Gesellschaft noch nicht ausreichend angekommen ist. Auch die Möglichkeit für Frauen, Schutzhäuser aufzusuchen, scheint nicht so weit in den Köpfen verankert zu sein, dass man diese tatsächlich in Betracht zieht. Einen guten Einblick in die Arbeit und den Nutzen der Frauenhäuser bietet "Blutrosen".
Der Einstieg beginnt flott und spannend. Der Leser erhält einen kurzen Auszug über eine Alltagssituation zwischen Mikael und Bea, der gut vermittelt, in was für einem Gefängnis sie steckt. Danach gehts auch schon nach Köln, wo die Autorin ihre lockeren Schreibkünste unter Beweis stellt, und den Leser schnell in die Grundgeschichte eintauchen lässt. Dabei geht die Beziehungssituation von Romy nahtlos an dem vorherigen Band "Spiegelschatten" weiter. Frisch von ihrem Freund getrennt, stürzt sie sich in die nächste Beziehung mit einem älteren Mann. Obwohl diese manchmal zu intensiv beschrieben wird, bietet sie doch einen hervorragenden Kontrast zur irregeleiteten Liebe von Mikael zu Bea.
Richtig spannend wird es dann, als Bea, nun Fleur, in Köln erscheint und um ihr Leben fürchten muss. Hier ist jedoch bereits der Höhepunkt der Spannung erreicht, denn Monika Feth hat etwas Entscheidendes verpasst: Nicht Mikaels Jagd, seine Ausbrüche und die Gewalt, die er anderen antut, machen das Buch so spannend, sondern Fleurs Geschichte. Nur in kurzen und wenigen Auszügen lässt Fleur den Leser an ihrem Martyrium teilhaben. Dabei kommt der eigentliche Horror überhaupt nicht zur Sprache. Man bekommt nicht das Gefühl der unsichtbaren Fesseln, die Mikael um sie spannt, nichts von dem Psychoterror, der sie immer wieder nach hinten blicken lässt, aus Angst, er könnte ihr erneut auflauern. Stattdessen plätschert die Geschichte in der zweiten Hälfte vor sich hin und mündet in ein Finale, das kaum würdig für den Abschluss einer Trilogie ist. Dennoch hält man durch, weil Feth mit ihrer Fähigkeit, starke Charaktere zu schaffen, das Lesen im Fluss hält - mit Romy ist ihr das nun auch wieder geglückt.
Fazit:
Sowohl der Einstieg, der Schreibstil, die Protagonisten und das Setting sind wunderbar getroffen - hier zeigt sich Feth von ihrer besten Seite. Ab der zweiten Hälfte tauchen jedoch erste Müdigkeitserscheinungen auf, weshalb der Roman nicht völlig überzeugt.
Deine Meinung zu »Blutrosen«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!