Die Seiten der Welt - Nachtland

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2015
  • 0

Als wäre das Leben für einen Teenager nicht schon schwierig genug! Das Verhältnis zum Elternhaus, das oftmals viel zu viel von dem Zögling erwartet, ist gelinde gesagt nur nervig. Dazu kommen dann die Hormone, die mehr und mehr verrücktspielen und die Schule gibt es so nebenbei auch noch. Was soll man mit seinem Leben anfangen, wie wird der weitere Lebensweg aussehen - Fragen, die junge Menschen umtreiben.

Dies ist bei Della nicht anders. Allerdings müssen wir bei ihr erschwerend berücksichtigen, dass sie eine Vampirin ist. Zwar hat sie die Unterstützung ihrer Hüttengenossinnen im Shadow Falls Camp, hat durch die aufgezwungenen Bluttransfusion ihre Wiedergeburt überlebt, doch jetzt hat sie mehr Probleme, als sie verkraften kann.

Zunächst machen ihr zwei junge Männer den Hof. Der Eine, Chase genannt, ihr Vampirretter, der Andere ein süßer Gestaltwandler. Und sie fühlt sich zu Beiden hingezogen. Dann gibt es da noch ihren verschwundenen Onkel, der wohl ebenfalls ein Vampir ist und ihr vielleicht oder auch nicht helfen könnte. Und irgendwie ist ihre ermordete Tante - deren Mörder nach wie vor frei herumläuft - als Geist unterwegs und sucht Della heim.

Dass sie kürzlich die finsteren Umtriebe eines Verbrechers, der Vampire als Sklaven verkauft hat, aufgedeckt hat, hätte ihr eigentlich Selbstvertrauen geben sollen. Doch nach wie vor gibt sie sich die Schuld daran, dass ihr Freund seine Wiedergeburt nicht überstanden hat. Dass die Verantwortlichen wollen, dass sie ausgerechnet mit Chase weiter an dem Fall arbeitet, macht ihre Situation auch nicht eben einfacher. Zumal sie eine Vision von gefangen gehaltenen Vampiren hat, die, wenn man sie nicht bald findet und befreit, wohl sterben werden. Die Zeit drängt also, doch dann ...

Nicht ganz so spritzig, wie die erste Shadow Falls Reihe

Im zweiten Zyklus um das Shadow Falls Camp, dem Refugium und gleichzeitig Lehranstalt für übersinnlich begabte Jugendliche, steht die Vampirin Della im Zentrum des Geschehens. Im Gegensatz zur ersten Erzählerin, dem Chamäleon Kylie, ist diese für den Leser nicht so greifbar und so nah. Dies liegt zum einen an ihrem doch sehr impulsiven, fast schon gewalttätigen Temperament, aber auch, dass sie ganz bewusst anders angelegt wurde.

Als junge Frau asiatischer Abstammung hat die Autorin ihr ins Lehrbuch geschrieben, nach außen immer den Schein zu wahren. So ist Della ein Charakter, der viel in sich hineinfrisst, der Mühe hat, sich zu öffnen und damit nicht wirklich eine Figur ist, in die der Leser gerne schlüpft.

Hinzu kommt, dass ihre Handlungen wenig kopfgesteuert sind, dass sie, innerlich unsicher, diese Unsicherheit durch übertriebene Aggressivität zu kompensieren sucht.

Gerade auch im emotionalen Bereich macht sie es sich, ihren Bewerbern und dem Leser nicht leicht. Immer wieder zweifelt sie, revidiert ihre Meinung nur um dann wieder umzuschwenken. Das ist in sich so manches Mal nicht ganz nachvollziehbar, zumal der Plot viel Spannung aus der Frage, wem sie sich nun öffnen wird, zieht.

Die Suche nach den gekidnappten Jugendlichen, das Rätsel um den Mord an ihrer Tante und den Täter, den sie in ihrem Vater vermutet, zieht sich ein wenig, rückt immer wieder in den Hintergrund und lässt so ein wenig die ganz große Faszination vermissen.

Fazit

Auch wenn vorliegender Band die Erlebnisse der Vampirin stimmig fortsetzt, vermag er, was die Faszination und insbesondere die Nähe zur Erzählerin anbelangt, mit dem ersten Zyklus nicht ganz mitzuhalten.

Die Seiten der Welt - Nachtland
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Carsten Kuhr
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonMai 2016

Willkommen in der ganz eigenen, magischen Bücherwelt des Kai Meyer

Lieben Sie Bücher? Üben die frischen oder alt-ehrwürdigen Seiten, der Geruch der Bindung, der Satz in einer ansprechenden Type und am wichtigsten natürlich der Inhalt auf Sie auch einen ungeheuren Reiz aus? Dann sind Sie in Kai Meyers Seiten der Welt richtig. Hier treffen Sie auf Artgenossen, Buchverrückte, Bibliophile und Exlibris - doch all dies ein ganz klein wenig anders, als erwartet. Doch beginnen wir, wie jedes Buch, am Anfang.

Im ersten Band stellte uns der Autor eine Welt vor, wie sie phantastischer kaum sein könnte. Eine Welt, in der Exlibris aus Büchern fallen und ein eigenes Leben annehmen, in denen Seiten gespalten und aus den so freigesetzten Herzen mittels besonderer Kräfte von den Bibliomanten eine gar eigene Büchermagie gewirkt werden kann.

Einst gehörten die Rosenkreuz´ zu einer der fünf großen, die Welt der Bibliomanten beherrschenden Familien. Dann fielen zwei der Familien einem Genozid zum Opfer, die verbleibenden Häuser beherrschen vom legendären Sanktuarium ihre geheime Welt. Schon länger rumort es beim Volk. Zu despotisch, zu gewaltsam und unterdrückend ist die Herrschaft der Clans.

Furia Krosenkreuz, die letzte ihres Namens, hat sich den Rebellen angeschlossen. Verfolgt von den Häschern des Sanktuariums kommen sie und ihre Freunde einer Verschwörung innerhalb der herrschenden Clique auf die Spur. Mit einer seltenen Zielstrebigkeit, die jegliche moralische Rechtfertigung entbehrt, jedes Nachsinnen um Recht und Getz verbietet, soll ein Umsturz von innen für radikale Veränderung sorgen. Dazu kommt die Bedrohung von außen. Ein altes, längst besiegt geglaubtes Übel reckt sein Haupt, eine Bedrohung, von der man glaubte, sie eigentlich im letzten Krieg endgültig besiegt zu haben.Eine Bedrohung, die die Existenz der Bücherwelt bedroht mit etwas gar Unerhörtem - mit Veränderung!

Phantasie trifft auf Tiefgang - und dabei liest sich das Buch noch super spannend!

Nach einem mehr als fulminanten Auftakt, der Leser wie Buchhändler zu Begeisterungsstürmen hinriss, erscheint nun der zweite Teil der Geschichte um Furia und die Welt der Bibliomanten.

Wie bereits im Auftaktband der Trilogie hält Kai Meyer sich wahrlich nicht zurück. Das Tempo ist hoch, die Actionszenen reihen sich aneinander, Gewaltschilderungen sind ebenso Bestandteil der Handlung wie leise, nachdenkliche Momente und wieder gilt es Abschied von liebgewonnenen Figuren zu nehmen. Geschickt lüftet der Autor immer wieder neue Geheimnisse, installiert frische, die Handlung vorantreibende Gestalten und legt den Grundstein für die weiteren Abenteuer.

Dabei hat mich ein wenig verwundert, dass er die Antagonisten auf Seiten des Sanktuariums doch recht eindeutig dunkel angelegt hat. Während Furia und ihre Freunde durchaus ambivalent gezeichnet werden, auch ihre dunklen Seiten haben und mit diesen auskommen müssen, sind ihre Gegner doch nur eines - böse, egoistisch und verdorben bis ins Mark. Nun, dies hat natürlich den Vorteil, dass wir uns im Kampf um die Welt der lebenden Bücher ganz eindeutig zu positionieren wissen.

Wie dies bei Kai Meyer so üblich ist, fügt er seinen Abenteuern, quasi in der zweiten Reihe immer auch eine ernsthafte Aussage bei. Dieses Mal geht es um das Thema Veränderung. Während die Honoratioren des Establishments, allen voran die Führer und Beamten des Sanktuariums eine statische Welt ohne jede Entwicklung anstreben, ihre Pfründe sichern wollen, allenfalls einmal kosmetische Korrekturen, den Austausch der vorgeschobenen Marionetten in Erwägung ziehen, droht auf der anderen Seite Chaos. Doch eben jenes Chaos hält auch das Potential in sich, dass sich etwas Neues, etwas Besseres entwickeln könnte, dass sich neue Wege und Chancen auftun, die Dinge verbessern. Dies ist der immerwährende Konflikt alt versus jung, der sich hier, in der Welt der Bibliomanten widerspiegelt.

Fazit

Einmal mehr beweist Kai Meyer seine unangefochtene Sonderstellung als Deutschlands führender Phantast. Mit ganz eigener Phantasie, einem ebenso mitreissenden, wie bewusst eingesetzten Stil und einem Plot, der den Leser packt überzeugt er auf der ganzen Linie.

Die Seiten der Welt - Nachtland

Kai Meyer, Fischer

Die Seiten der Welt - Nachtland

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