Outlaws

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  • Erschienen: Januar 2014
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  • Fischer, 2012, Titel: 'Las leyes de la frontera', Originalausgabe
Outlaws
Outlaws
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Felix Oepping
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonSep 2014

Die Macht der Medien und das Verlangen nach Ruhm

Ignacio, ein Polizist, und ein Gefängnisdirektor erzählen von ihren Erfahrungen mit Zarco, einem berüchtigten Jugendkriminellen, der mehr als jeder andere für das orientierungslose Spanien nach der Franco-Diktatur steht und der das Leben einiger Menschen gehörig durcheinander gewirbelt hat.

Outlaws ist ein Dialogroman, d.h. es wird nicht mehr und nicht weniger als das Gespräch eines Autors mit seinen Gesprächspartnern erzählt. Doch aus dieser eingeschränkten Form entwickelt sich ein Roman von ganzer Pracht, voller lebendiger Beschreibungen und kritischen Anmerkungen.

Sein wichtigster Gesprächspartner ist Ignacio, der als 16-jähriger Jugendlicher in Gerona auf der Suche nach Orientierung in der Schule gemobbt wurde und Anschluss fand bei Zarco und seiner Gruppe, aus der er vor allem ein Auge auf Tere geworfen hat. Tere ist es auch, die ihn in der Spielhalle, wo Ignacio arbeitet, kennenlernt und in diese Gruppe hinein bringt. Offensichtlich nicht allein mit hehren Absichten ausgestattet, hängt die Gruppe im Rotlichtviertel in Bars ab, raucht Joints, trinkt Bier und überfällt ab und zu einen Laden um sich über Wasser zu halten. Ignacio kann sie dazu bringen, die Spielhalle zu verschonen und hat ab diesem Zeitpunkt das seltsame Gefühl, Zarco etwas zu schulden und ist plötzlich Teil der Gruppe, aber dann auch wieder nicht hundert prozentig. Warum er immer wieder zu Zarco in die Bar gegangen ist und immer wieder bei den Aktionen der Gruppe mit gemacht hat, fragt er sich im Gespräch mit dem unbekannten Autor ständig und wiederholt, wobei Tere bei der Beantwortung dieser Frage eine nicht unerhebliche Rolle spielt.

Der zweite Gesprächspartner ist Inspektor Cuenca, der zur Zeit von Zarco und der Aktivität seiner Bande in Gerona als Polizist tätig war und der Gruppe peu a peu auf die Spur kam und schlussendlich stellte. Während Ignacio die Innenperspektive der Gruppe rund um Zarco beschreibt, die sich ergibt, wenn man Zarco persönlich kennt, beschreibt Cuenca die Außenperspektive, die sich für die Mehrzahl der Personen ergibt und aus der die Aktionen willkürlich und unerklärlich scheinen.

Im zweiten Teil (21 Jahre später, die Zeit zu der das Gespräch stattfindet) ist Ignacio ein angesehener Anwalt in Gerona, Zarco ein landesweit bekannter, mittlerweile seit Jahrzehnten im Gefängnis sitzender Kleinkrimineller, der immer mehr in Vergessenheit gerät. Nach seinem großen Ruhm, befeuert durch Filme und mehr als einer Biographie über ihn als Symbol der Jugendkriminalität der Zeit, muss er sich mit seinem Status als normaler Gefangener arrangieren, scheitert dabei aber kolossal. Ignacio setzt sich dafür ein, dass er nach Gerona verlegt wird und drängt anschließend auf eine zunehmende Befreiung Zarcos. Ob und inwiefern er dabei überhaupt in Zarcos Sinne handelt, wird ebenso wenig klar wie die Rolle, die Tere spielt und wer diese Maria Velo eigentlich ist.

Zweiter Gesprächspartner im zweiten Teil ist der Gefängnisdirektor von Gerona, der früher als Ignacio erkennt, wie Zarco gestrickt ist und wie hoffnungslos das Unterfangen von Anfang an ist, das Ignacio sich vornimmt. Die Frage aber ist doch: spielt das überhaupt eine Rolle oder geht es nicht nur darum, seinen guten Willen zum Ausdruck zu bringen?

Ein stets aktuelles Bild orientierungsloser Jugend

Outlaws spielt zwar in Spanien direkt nach der Franco-Diktatur und damit in politisch wie sozial sehr instabilen Verhältnissen, die Probleme und Gedanken der jugendlichen Akteure sind jedoch immer noch hochaktuell und werden sehr gut aufgefangen und dargestellt. Das Orientierungsbedürfnis, das Bedürfnis, irgendwo dazu zu gehören und natürlich die ständige Frage nach Liebe und Zärtlichkeit sind heute ebenso aktuell wie vor 30 oder vor 100 Jahren. Darum sollte sich niemand von dem uns vielleicht etwas fernen Setting abschrecken lassen.

Ein Roman wie eine gute TV-Serie

Die Gesprächsform ist gewöhnungsbedürftig, nach einigen Seiten merkt man als Leser vor allem dank der sehr plastischen und packenden Erzählungen der Personen gar nicht, dass dieser Roman die übliche Form sprengt. Die gelegentlichen Nachfragen des Autors, die einen kleinen Blick in die für den Leser noch unbekannte Zukunft erlauben, tragen zur allgemeinen Spannung bei. Diese Spannung basiert weniger wie bei Thrillern oder Krimis darauf, dass ein Problem gelöst werden muss, sondern wurde bei mir hervorgerufen, weil Zarco, Ignacio, Tere und all die anderen mir ans Herz gewachsen sind - wie die Personen einer TV-Serie - und ich einfach wissen wollte, was ihnen noch alles passiert und wie es weiter geht.

Fazit

Outlaws hat mir gut gefallen, es ist sprachlich wie dramaturgisch gut und eine Empfehlung für jeden ab 14, der sich ab und zu (oder auch häufiger) fragt, wo er denn dazu gehört und was das eigentlich alles soll, mit dem erwachsen Werden. Oder auch jeder, der einfach nur in eine faszinierende, freie Welt voller Möglichkeiten eintauchen möchte.

Outlaws

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