Vor uns die Nacht

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  • Erschienen: Januar 2014
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Emma versteht nicht, weshalb ihre Eltern sie plötzlich in ein Kloster-Internat bringen. Sie, die weder besonders religiös aufgewachsen ist, noch den Eltern je Anlass zu Besorgnis gegeben hat, soll dort bleiben, bis es ihrer Schwester, die so plötzlich erkrankte, besser geht. Für Emma ist es schwierig, mit der neuen Situation umzugehen. Sie fühlt sich unter der lieblosen und strengen Obhut der Schwestern nicht wohl und hat Mühe, sich in die Gemeinschaft der anderen Mädchen einzuordnen.

Die Träumerin wird jedoch in die Gemeinschaft von sieben Mädchen aufgenommen, die sie aus ihrer Naivität langsam aufwachen lassen, ohne dass aber Emma die Fähigkeit verliert, sich eine Welt zu erträumen. Je länger Emma im Internat bleibt, desto klarer wird ihr, dass sie zu ihrer Familie zurück will, um ihrer Schwester beizustehen. Erst recht, da sie ahnt, dass die Krankheit ihrer Schwester einen ganz anderen Hintergrund hat, als sie zunächst angenommen hat. Doch man schreibt das Jahr 1961 und das, was Emma vermutet, darf nicht sein. Zusammen mit einem jungen Gärtner arbeitet Emma daran, nach Hause zurückzukehren....

Die Autorin Marita de Sterck widmet sich einer Zeit, in der um alles in der Welt der Schein gewahrt bleiben musste. Nicht nur die erwachsenen, auch die jugendlichen Leserinnen und Leser werden bald erkennen, weshalb die Eltern Emma nicht nur weggeschickt haben, sondern sie auch gleich einer Schule anvertrauten, in die das noch träumerische und naive Mädchen nicht so richtig passen mag. Doch auch wer weiß, worum es sich an sich dreht, wird an Spannung nichts verlieren. Denn der Fokus liegt weniger auf dem Grund für die Internatseinweisung als auf der Entwicklung, die das Mädchen da durch macht. Tatsächlich verliert Emma schnell ihre kindliche Unbeschwertheit, doch das ist mehr dem strengen und in vielen Bereichen unmenschlichen Regime der Nonnen zu verdanken denn der natürlichen Entwicklung Emmas.

Je länger das Mädchen in der von ihm als Gefangenschaft empfundenen Obhut der Nonnen bleiben muss, desto stärker wächst die Überzeugung, die Eltern hätten Emma abgeschoben. Und das in einer Situation, in der die Familie doch zusammen stehen sollte. Einzig die junge Nonne Maria ermöglicht es den Leserinnen und Lesern, einen leicht versöhnlichen Zugang zu den Klosterschwestern zu finden.

Der Roman Unbewohntes Herz erzählt die Geschichte eines allzu schnellen Erwachsen werdens, aber auch die Geschichte von Freundschaft, trotz Unterdrückung. Emma findet im Kreis der Mädchen eine neue Welt, die das Einzige ist, woran sie sich halten kann, als sie beginnt, sich selber in Frage zu stellen. Die verzweifelten Versuche der Nonnen, Emma vom anderen Geschlecht fern zu halten, ist ebenso zum Scheitern verurteilt, wie die Bemühungen der Eltern, das Schicksal von Emmas Schwester geheim zu halten.

Die Autorin versteht es ausgezeichnet, das langsame Bewusstwerden des Mädchens zu schildern und das Lese-Publikum an der Entwicklung Emmas teilhaben zu lassen. Sehr schön geschildert ist der Auftritt Emmas, als sie sich ihrer neuen Stärke bewusst ist und ihrem Vater sehr reif und sehr konsequent gegenüber tritt. Mit diesen Szenen macht Marita de Sterck etwas wett, dass der Roman über weite Strecken hinweg leicht schwächelt und nicht so richtig in Fahrt kommen will. Zu stark ist hier das Bemühen der Autorin zu spüren, nur anzudeuten, was zuhause bei Emma los sein könnte und nicht zu viel zu verraten. Gerade dieses künstliche Reden um den heißen Brei aber legt sehr schnell die Hintergründe offen.

FAZIT

Marita de Sterck widmet sich einem spannenden Thema – das stark verknüpft ist mit einer Zeit, die der heutigen Jugend ganz und gar unvertraut ist. Wohl ist es die Jugendzeit der Eltern – oder der Großeltern, doch widmen sich heute nur sehr wenige Jugendromane just dieser Phase. So erfahren die Leserinnen und Leser also viel über gesellschaftliche Zwänge, Unterdrückung und bewusste Quälereien in Internaten. Andere Passagen ließen sich mühelos auch in andere Zeiten versetzen – so etwa die Freundschaft der Mädchen untereinander. Obwohl es nur ein dünner Roman ist, verliert sich Marita de Sterck leider immer wieder in Nebenschauplätzen und stolpert über ihren Versuch, die Spannung unter allen Umständen hoch zu halten.

Vor uns die Nacht
Vor uns die Nacht
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Melanie Reichert
4101

Jugendbuch-Couch Rezension vonSep 2014

Unreife Charaktere treffen auf eine Kaugummistory – auch die Liebe konnte das nicht wettmachen

Pfarrerstochter Ronia hat eigentlich alles in ihrem Leben, was man braucht: Behütet aufgewachsen, studiert sie nun Archäologie und wohnt mit ihrem Kumpel in einer WG. Wäre da nicht die Liebe, die sie immer wieder auszutricksen scheint. Kaum offenbart sie einem Jungen ihre Gefühle, wirft er sie sofort in die Mülltonne. Ronia ist deshalb auch an Weihnachten wieder Single – und gefrustet. Da hilft es auch nicht, dass ihr bester Freund schon seit Jahren in sie verknallt ist.

Als sie dann auf dem Heimweg von einer Party ist, begegnet sie plötzlich dem geheimnisvollen, düsteren Jan, der sie sofort in seinen Bann zieht. Ein Spiel aus Sehnsucht, Verlangen und Stolz beginnt, das für beide zur Zerreißprobe wird. Was fühlt Jan? Liebt er sie vielleicht auch? Warum ist er immer so abweisend? Und was ist eigentlich an den Gerüchten dran, die sie in Bezug auf ihn, immer wieder zu hören bekommt?

Nachdem Bettina Belitz immer wieder in den Himmel gelobt wurde, war auch ich neugierig, was die Dame so für tolle Bücher schreibt, leider bin ich nach diesem Werk mehr als enttäuscht. Nicht nur, dass ich es viel zu oft aus der Hand legen musste, um weiterzumachen, nein, auch die Protagonisten und deren Gefühle waren für mich nicht greifbar und teilweise sehr unreif – keine Vorbildfunktion.

Zunächst einmal fällt aber die schöne Gestaltung der Kapitelseiten auf. Die Blumenranken schaffen ein äußerst harmonisches Bild, das mir positiv aufgefallen ist. Auch die Überschriften waren gelungen, denn sie schneiden zwar das zentrale Thema des Kapitels an, man muss darüber hinaus aber sein Köpfchen ein bisschen bemühen, um den Zusammenhang herzustellen (ich mag solche Spielereien). Die Geschichte selbst wird uns aus Perspektive der Protagonistin Ronia erzählt.

Die Wahl der Perspektive war bitter nötig, denn Ronia ist ein überaus schwieriger Charakter. Zwar wird das immer wieder auf ihre Vergangenheit, bzw. ihr Elternhaus geschoben, aber meiner Meinung nach, ist die Frau einfach unreif. Auf den letzten Seiten bekommt sie die Kurve dann doch noch, aber das war für meinen Geschmack einfach zu spät. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich sie schon lange als unsympathisch abgestempelt. Gerade ihr Verhalten in Bezug auf Männer oder die Liebe ist sehr unreif und sollte von keinem Mädchen als Vorbild genommen werden. Tiefe Gefühle ok, Liebeskummer ok, aber das, was sie teilweise tut, ist einfach übertrieben.

Die Nebencharaktere kommen bei mir ein bisschen besser weg. Jan, der jünger als Ronia ist, verhält sich trotz seiner Exzesse weitaus reifer. Er weiß, was er vom Leben will und zu erwarten hat und lebt danach. Ganz oft habe ich mit ihm mitgefühlt, wenn er sich mal wieder gefragt hat, was Ronia eigentlich von ihm möchte. Auch die Eltern oder Freunde sind authentisch und glaubhaft gestaltet, sodass man sich in ihrer Gegenwart wohl fühlt.

Die Story ist leider auch nicht spannend. Eher zieht sie sich wie ein Kaugummi, weil einfach nichts passiert. Ein paar Highlightchen (ich nutze absichtlich die Verniedlichung) sind dabei, aber sonst plätschert die Story so dahin. Obwohl fast ein Jahr vergeht, dreht sich doch alles irgendwie im Kreis. Ronia wird von ihren Gefühlen zerfleischt, ist aber gleichzeitig viel zu stolz, um etwas zu unternehmen. Man fragt sich teilweise auch nach dem Sinn der Story. Auf was soll das ganze hinauslaufen? Auch der esoterische Teil findet bei mir einfach keinen Anklang.

Die Story kann ab 14/15 Jahren empfohlen werden, weil die Szenen mit Erotikanteil dem Alter entsprechend beschrieben werden. Auch wird keine übertriebene Gewalt dargestellt. Grusel findet sich auch nicht wieder. Eher sollte man sich fragen, ob man sich die Story psychisch wirklich antun möchte, denn ich selbst habe mich oft gefragt, ob Ronia nicht schon Anzeichen einer Depression aufweist.

Fazit

Eine laue Story, trifft auf eine schwache Protagonistin, die nicht mit sich selbst ins Reine kommt. Da ich einfach kein positives Feedback aus der Geschichte ziehen kann, kann ich sie leider auch nicht empfehlen. Ich hoffe wirklich, dass die anderen Bücher spannender sind, denn der Schreibstil war wirklich in Ordnung. Schade.

Vor uns die Nacht

Bettina Belitz, -

Vor uns die Nacht

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