Mein Herz zwischen den Zeilen

  • Erschienen: Januar 2013
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  • Boje, 2013, Titel: 'Between the Lines', Originalausgabe
Mein Herz zwischen den Zeilen
Mein Herz zwischen den Zeilen
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Jugendbuch-Couch Rezension vonMär 2014

Auf Wolke Sieben quer durch die Dimensionen – ein verspielter und gewitzter Jugendroman über eine Liebe zwischen Realität und Fiktion

Delilah McPhee ist die klassische Außenseiterin an der Highschool: "uncool" und "sonderbar", eine Einserschülerin ohne jedes Interesse an Pop-Kultur und Fashion, beim Schwimmen immer die Letzte und fürs andere Geschlecht schier unsichtbar – außer natürlich, wenn es peinlich wird. Ihr Vater hat die Familie vor einigen Jahren verlassen. Ihre Mutter arbeitet als Putzfrau und zwar ausgerechnet bei den Mitschülerinnen, die Delilah besonders "auf dem Kieker" haben. Wen soll es da noch verwundern, dass sich Delilah lieber hinter Büchern vergräbt und sich prompt in einen Märchenprinzen verliebt? Aber nicht in irgendeinen Prinzen. Nein. Oliver ist der (Anti-)Held aus einem Buch, das nur ganz zufällig seinen Weg in die Schulbücherei gefunden hat: Mein Herz zwischen den Zeilen – die Dopplung des Titels ist natürlich Teil der magischen Geschichte.

Das Märchen, welches Delilahs Leben verändert, ist – als Buch im Buch – mit abgedruckt. König Maurice und Königin Maureen sind ein wahres Traumpaar, aber ihre Liebe wird von dem eifersüchtigen Bösewicht Rapscullio überschattet. Da er seine Liebe zur Königin nicht leben kann, schwört er Rache. Er hetzt einen Drachen auf, welcher den König tötet – und zwar gerade als sein Sohn geboren wird. Nach vielen Jahren setzt Rapscullio seinen perfiden Plan fort. In trügerischer Verkleidung bittet er den herangewachsenen Prinzen seine "Tochter" aus den Klauen des Drachen zu retten. Obgleich der Prinz nur mit Weisheit und Treue, nicht aber mit Mut beschenkt wurde, stellt er sich seiner Aufgabe. Ohne zu kämpfen schafft der Prinz es mit Witz und Geistesstärke die Gefahren zu überwinden: er gelangt durch einen Zauberwald, rettet sich vor Meerjungfrauen, verhandelt mit Trollen, trifft einen Zauberer und befreit sich aus der Gefangenenschaft eines Piratenkapitäns. Schließlich vermittelt er dem leidenden Drachen einen Zahnarzt und heiratet die Prinzessin. Und sie leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage....

....ja, wenn der Prinz nicht ganz Anderes im Sinn hätte. Wenn der Deckel geschlossen wird tummeln sich die Figuren nämlich frei im Buch herum, legen ihre Rollen ab und vertreiben sich die Freizeit. Sie sind Schauspieler, die sich nur auf ihre Position begeben, wenn ein Leser das Buch zur Hand nimmt. "Privat" sind sie größtenteils ganz anders als in ihren Rollen. Oliver ist es müde die immer gleiche Geschichte zu wiederholen, er hält seine Spielpartnerin für dümmlich ("Sie hat das Gehirn einer Seegurke.") und ist alles andere als verliebt in sie. Er hegt den Plan die Geschichte zu verlassen und versucht den Lauf der Dinge zu verändern und Kontakt mit den Lesern aufzunehmen.

Delilah entdeckt, dass sich die Illustrationen des Märchenbuches verändern. Wenn sie aufhört der Geschichte zu folgen und sich auf die Bilder konzentriert, kann Oliver sich mit ihr unterhalten. Die beiden verlieben sich ineinander und hecken Pläne aus, wie Oliver in Delilahs Welt gelangen könnte.

Es sind insgesamt drei Welten, zwischen denen die LeserInnen hin- und hergeworfen werden: das Märchen, die "Realität" und die Welt der Märchenfiguren, wenn der Buchdeckel geschlossen ist. Mein Herz zwischen den Zeilen wechselt zwischen Auszügen aus dem Märchen und Kapiteln aus der Sicht Olivers, bzw. Delilahs. Die jeweiligen Perspektiven sind kaum merklich durch unterschiedliche Schriftfarben markiert. Ganzseitige farbige Illustrationen finden sich nur in den Märchenpassagen, ansonsten gibt es vereinzelt einfarbige Verzierungen. Die Verbindung der drei Welten ist insgesamt gelungen und die  Geschichte ist gut durchdacht: auch Delilahs zunehmende Isolation und ihre Wirkung auf die Außenwelt sind Thema. Leider wird ein entscheidender Pluspunkt verspielt. Der Nachvollzug der Seiten des Märchenbuches, die im Text wiederholt genannt werden, ist unnötig schwer. Schade ist auch, dass das Gefühl für das alte Manuskript nicht durch das Buch selbst gestärkt wird. Stattdessen rückt das Cover den Band in Richtung hipper Verkaufsschlager und Filmvorlage. Das Autorenduo aus Bestseller-Autorin und Teenager versteht es Spannung aufzubauen und die Gegensätze zwischen Picoults geschliffener Sprache und dem peppigen Ton Ihrer Tochter in Szene zu setzen. Dennoch hat der Roman im zweiten Drittel durchaus seine Längen, das sprachliche Experiment hat Höhen und Tiefen und das Ende – welches hier nicht verraten werden soll – mag die Geister scheiden.

Fazit

Eine mitreißende Liebesgeschichte mit überraschenden Wendungen. Ein Buch, das zum Träumen einlädt und – in Zeiten von Simulation und Second Life – zum Nachdenken über unsere und andere Welten anregen kann.

Mein Herz zwischen den Zeilen

Jodi Picoult, Samantha van Leer,

Mein Herz zwischen den Zeilen

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