Tanith Low und die ruchlosen Sieben (1)
AbsatzIm ersten Band der Trilogie stellte uns Lev Grossman Brakebills, ein ganz besonderes Internat vor, in dem junge angehende Zauberer unterrichtet werden – Hogwarts ließ grüßen. Unsere Helden, zu denen sich mit Julia später auch eine abgelehnte Bewerberin gesellte, machten sich dann auf nach Fillory, ein Reich, das von seiner Ausprägung her an Narnia erinnerte, und mussten dort gefährliche und verlustreiche Abenteuer bestehen.
Mittlerweile sind die Überlebenden Könige und Königinnen von Fillory, der Alltag in Glanz und Gloria beginnt insbesondere Quentin zu langweilen. Als sich ein Abenteuer am Horizont abzeichnet, nimmt er die Chance wahr einmal mehr auszubrechen und seinem Leben neuen Reiz zu verschaffen.
Fillory wird von den Göttern bedroht
Eigentlich sollte die Seereise nur zum entferntesten Außenposten Fillorys, einer einsamen Südseeinsel gehen, um zu überprüfen, warum der jährliche Tribut nicht abgeführt wurde. Begleitet von Königin Julia aber kommt er dort einer drohenden Gefahr auf die Spur. Während Quentin und Julia auf der Erde stranden und versuchen, wieder nach Fillory zu gelangen, erfahren sie, dass die Götter aufgewacht, und damit beschäftigt sind, den Menschen den Zugang zur Magie zu verwehren. Fillory, wie alle Phantasie-Reiche zwischen den Welten, würden schlicht aufhören zu existieren, Magier wie Hexen all ihre besonderen Kräfte verlieren.
Um dies zu verhindern gilt es, einmal auf Fillory zurückgekehrt, sieben magische Schlüssel zu finden und die Tore zur Magie wieder aufzuschließen. Doch hierzu müssen unsere beiden gestrandeten Herrscher Fillorys zunächst einmal einen Weg zurück in ihre neue Heimat finden ...
Eine unerwartete Richtung
Was im ersten Band als gelungene Mischung aus Harry Potter und Narnia seinen Anfang nahm, das geht vorliegend in eine andere, unerwartete Richtung.
Zum einen war und ist Quentin nicht unbedingt wirkliches Heldenmaterial a la Harry. Er ist ein NERD aus dem Bilderbuch, hoch intelligent, aber innerlich unsicher, eifersüchtig und im höchsten Masse selbstsüchtig – sprich, nicht eben eine Person, in die man sich wirklich gerne hineinversetzt, ist sie doch vielleicht zu nah am eigenen Ich angesiedelt.
Dass er die ewige Feierei, das tagtägliche Besäufnis und das Herrschen – mitsamt des Bedientwerdens – satt hat, kann man dagegen gut nachvollziehen. Sein Leben ist einfach leer, zumal er seine große Liebe verloren hat. So ergreift er mit beiden Händen die Gelegenheit auf neue Abenteuer, auf Etwas, das ihn aus der Routine des Alltags reißt, das ihm vielleicht auch die Chance eröffnet, etwas Bedeutsames zu tun.
Begleitet wird er nicht nur bei seiner Queste, sondern auch in eingeschobenen Kapiteln von Julia, der vielleicht verstörendsten Anti-Heldin des ersten Teils.
Als Mathematik-Genie wurde sie von Brakebills abgelehnt, hat sich autodidaktisch unter skrupellosem Einsatz ihres Körpers das Hexen selbst beigebracht. In Safe-Houses auf der ganzen Welt hat sie nach Zauberformeln und Anleitung gesucht, hat dabei sexuelle Gefälligkeiten gegen Wissen eingetauscht, Drogen zur Bewusstseinserweiterung benutzt und letztlich eine wichtigen Teil ihres Selbst auf dem Weg zur Erkenntnis verloren.
Ihre Geschichte, die uns der Autor in Flash-Backs erzählt, gehört zu den Highlights des Romans. Und dies gerade, weil es hier so real, so ungeschminkt und auch so tragisch zugeht. Diese Teile riechen nach wahrem Leben, hinter- und unterfüttern den Plot mit schmerzhafter Realität und glaubwürdigem Charakter.
Die Queste an sich muss hinter diesem ergreifenden Bericht zurückstehen, verwöhnt aber mit interessanten Einfällen, einem Wiedersehen mit einem alten Freund aus dem ersten Teil und glaubhaften Figuren.
Fazit
Die durchaus gelungenen Mischung Harry Potters und Narnia entwickelt im Mittelband der Trilogie deutlich realistischere Züge, entfernt sich von den Vorbildern und steht letztlich, sprachlich ansprechend, ganz auf eigenen Beinen.
Alte Freunde mit gegensätzlichen Motiven
Tanith Low hat die Zukunft gesehen. Und die Zukunft ist schön – blutig schön, die Art von Schön, die nur ein Weltuntergang beleuchten kann. Denn Darquise, die geweissagte Vernichterin der Welt, kommt und wird ihr Schicksal erfüllen!
Um diese Vision allerdings wahr werden zu lassen, müssen die einzigen Waffen die Darquise aufzuhalten imstande wären vernichtet werden. Nachdem die gelernte Meuchelmörderin, die zwischenzeitlich als Agentin für das Irische Sanktianum gearbeitet hat, von einem Restanten angefallen wurde, hat sie ihr Gewissen verloren. Zusammen mit ihrem gegenwärtigen Liebhaber Billy-Ray Sanguin und weiteren Helfern macht Tanith sich auf, die vier Göttermörder-Waffen zu suchen und zu vernichten. Dass alte Freunde von ihr mit ganz gegensätzlichen Motiven auch nach den Waffen suchen, reizt Tanith nur noch mehr. Nichts liebt sie mehr, als ihre Kräfte mit denen ihrer Gegner zu messen, und diese ein ums andere Mal zu düpieren.
So geht es auf der Suche nach dem Messer nach Deutschland, dann zu einem Mafia-Boss nach Chicago der den legendären, unfehlbaren Bogen in seinem Besitz hat, der Speer wird an der Ostseeküste Polens gefunden und das Schwert ist im Londoner Sanktuarium scheinbar in Sicherheit.
Es beginnt ein Wettlauf der beiden Gruppen, die sich der Waffen bemächtigen wollen – ein wahrlich tödlicher Wettlauf, pflastern doch Leichen den Weg ...
Ein Denkmal für eine der faszinierendsten Figuren Landys
Nachdem die Reihe um Skulduggery Pleasant, der Skelett-Detektiv und seine aufgeweckte Partnerin sich dem Finale zuneigt, hat Derek Landy sich eigentlich neuen Ufern zuwenden wollen. Vorher aber wollte er, dem Drängen der Fans folgend, einer der faszinierendsten Figuren der Reihe ein eigenes literarisches Denkmal setzen.
Tanith Low, eine der flüsternden Klingen, eine Magierin, die seit ihrer Kindheit darin ausgebildet wurde, Wesen aller Art umzubringen, steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Seitdem sie den Restanten, ein dunkles Wesen, das ihr nicht nur ihren inneren Moralkompass raubt, sondern auch die Erinnerungen und einen Teil der Fähigkeiten der Zauberer in sich trägt, die früher vom Restanten besetzten wurden, ist sie eine der Bösen. Voller Elan stürzt sich Landy auf seine Protagonistin.
Kein geeignetes Lesefutter für jüngere Leser
Endlich einmal, so hatte ich zumindest den Eindruck, kann er hemmungslos der Gewalt frönen. Und so pflastern Leichen Tanith´ Weg, wird gekämpft, gemordet, zerstückelt und geköpft, dass Tanith und Co förmlich in Blutseen waten.
Insoweit ist das Buch auch für jüngere Leser nicht unbedingt geeignetes Lesefutter. Hier wird ganz eindeutig ein etwas älterer Fankreis angesprochen, der durch entsprechende TV-Serien und vor allem PC-Spiele an entsprechende Schilderungen zumindest ein wenig gewöhnt ist.
Des Weiteren dürften sich Neueinsteiger in die Welt von Tanith schwer tun. Wer die Bücher um Skulduggery Pleasant nicht kennt, der irrt hilflos in der Handlung, die mit vielen Verweisen und Rückblenden auf den Plot der Mutterserie versehen ist, umher. Eigenständig und interessant dagegen, dass wir in kurzen Rückblenden etwas aus der Jugend Tanith´ erfahren. In kurzen Streifzügen erleben wir mit, wie sie von Kindesbeinen an zur Killerin geformt wird, und damit zu der Frau, die Walküre Unruh alias Darquise schon mehrfach das Leben gerettet hat.
Fazit
Für Fans der Serie unverzichtbarer Action-Knaller, der aber für jüngere Leser ein zu hohes Gewaltpotential bereit hält und die Lektüre der Mutterserie voraussetzt.
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