Weil du fehlst
Der Ich-Erzähler dieses packenden Thrillers ist eine Maschine. In jeder Hinsicht. Seine Gefühle sind quasi nicht existent. Er kann kämpfen wie kein anderer in seinem Alter. Seinen Auftrag erledigt er ohne Fragen zu stellen. Rollen nimmt er an, wie es ihm und zum Auftrag passt. Er ist 16 Jahre alt aber das ist nur für seine Tarnung wichtig. Denn seit seine Eltern ermordet wurden und er Teil des Programms geworden ist, spielt sein Alter keine Rolle mehr. Genau so wenig wie sein Name und seine Vergangenheit.
Im Stile meines Einstiegs in den Inhalt ist auch der ganze Thriller in sehr kurzen Sätzen geschrieben, sehr einfach und schnell. Das passt hervorragend zur sehr schnellen Geschichte. Denn der Protagonist erhält einen Auftrag, der ihn an seine Grenzen bringen wird.
In außergewöhnlich kurzer Zeit muss er sich in die Familie des Bürgermeisters von New York einschleichen, doch kurz vor Ende seines Auftrags (er ist Auftragskiller) ändert sich alles: Das Zielobjekt, seine Einstellung zum Job, doch am schlimmsten von allem ist; dass in ihm Gefühle geweckt werden, die dem Auftrag im Weg stehen können. Und so muss er nicht nur einen Auftrag ausführen, sondern sich auf einmal Fragen nach Recht und Unrecht stellen, Entscheidungen treffen und seine Rolle aufgeben.
Durch die einfache Sprache ist dieser Thriller spannend und entwickelt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann und auch nicht möchte. Geeignet ist der Thriller daher für alle, Jungen wie Mädchen, Viel-Leser wie Lesemuffel. Es geht nicht nur um eine Art Alex Rider 2.0, sondern auch um das Leben in der High School, Mobbing und Loyalität.
Boy Nobody ist spannend und bereichert das Kopfkino, wie ein sehr guter Action-Streifen.
Ich war anfangs überrascht über die Einfachheit der Sprache, habe jedoch festgestellt, dass die Geschichte unter ihr nicht leidet und genau so detailliert und nuanciert erzählt wird wie andere. Und kurze, schnell zu verstehende Sätze tragen definitiv zur Schnelligkeit bei, die mich einige Nächte den Schlaf gekostet hat. Boy Nobody ist weder voraussehbar, noch hat der Thriller Spannungstiefs und ist eine Empfehlung für alle, auch für die, die eigentlich nicht lesen, sondern lieber Filme schauen.
Fazit
Allen Zadoffs Thriller hat alles, was ein High School Roman braucht, jedoch auch eine packende Geschichte voller Spannung und "Thrill". Die Entdeckung dieses Winters unter den Thrillern!
Die grosse Leere
Kassandra ist 17 Jahre alt und hat in ihrem Leben kaum Wurzeln fassen können. Ihre Mutter scheint von einer inneren Unruhe getrieben und zieht ständig um. Für Kassandra und ihre jüngere Schwester Oya heisst dies, dass sie mit einer immer wieder anderen Realität konfrontiert sind und sich in einem neuen Leben zurechtfinden müssen. Jetzt, als junge Frau, will Kassandra der Unstetigkeit ihrer Mutter auf den Grund gehen. Sie stellt Fragen. Eine davon ist, weshalb sie zu den Eltern ihres verstorbenen Vaters keinen Kontakt mehr haben können. Weil ihre Mutter darüber nicht redet, zieht Kassandra los und sucht die Wahrheit bei den Grosseltern direkt. Zunächst tun sich diese schwer damit, doch dann ermöglichen sie Kassandra, zu verstehen. Was die junge Frau erfährt und erlebt erschüttert sie zutiefst. Ihr Weltbild gerät in Schieflage und sie verliert das Vertrauen in die Menschen, die ihr bisher nahe gestanden sind. Da wird sie von einem Lehrer an ihrer Schule, Elija Rosen, aufgefangen. Doch damit begibt sich die verstörte junge Frau auf gefährliches Terrain.
Es sind gleich mehrere Problemkreise, die Jana Frey in ihren Roman einbaut. Ihre Protagonistin Kassandra hat einige Schwierigkeiten zu meistern. Durch die in Ich-Form gehaltenen Schilderungen Kassandras werden die Leser sehr nahe ans Geschehen heran geholt. Die Erzählung ist mit einer grossen Portion trockenen Humors durchsetzt – gut dosiert und niemals zu stark aufgetragen. Doch es nimmt der Geschichte etwas an Schärfe und lässt den Verdacht aufkommen, dass sich die Protagonistin weigert, sich ernsthaft mit ihrem Leben auseinander zu setzen.
Kassandra schildert zunächst die zahlreichen Veränderungen, denen sie in ihrer Kindheit ausgesetzt war. Wer zwischen den Zeilen zu lesen vermag, wird erkennen, dass es sich bei Kassandras Mutter um eine Getriebene handelt, die versucht, vor sich selber davon zu laufen. Doch zunächst mag man darüber schmunzeln, mit welchem Selbstverständnis die beiden Töchter Kassandra und Oya die Umziehwut ihrer Mutter mitmachen und sich immer wieder in neue Schulsysteme einleben und einen neuen Freundeskreis aufbauen. Auch hier kommt wieder der Humor zum Zuge, scheinbar locker erzählt Kassandra von den Menschen, mit denen sie jeweils eine Zeitspanne verbrachten, von denen sie sich verabschieden mussten oder mit denen sie virtuell weiter Kontakt pflegen. Diese lockere Erzählweise ist zwar sehr angenehm zu lesen und entlockt immer mal wieder ein Schmunzeln, ist aber auch einer der Kritikpunkte am Roman: Kassandra zeigt deutlich, dass die ständigen Umzüge an ihr nagen. Da will weder Humor noch Pragmatismus so richtig dazu passen.
Jana Frey schafft es, die verschiedenen Themenbereiche stimmig miteinander zu verknüpfen. Kassandras erschütternde Erkenntnis wird zur Grundlage für spätere Fehlentscheidungen und die Verunsicherung der jungen Frau ist nachvollziehbar. Nicht ganz passend scheint dabei das Verhalten des Lehrers, der durch seine Handlung nicht eben sympathisch wird und zumindest bei einer erwachsenen Leserschaft mehrere Fragen aufwirft. Hier dürfte Jana Frey sehr wohl der Realität sehr nahe kommen, dennoch dürfte es vielen sauer aufstossen, wie die Situation sich auflöst. So hinterlässt "Weil Du fehlst" ein leicht schales Gefühl, das jedoch mehr der Handlungsweise der Protagonisten gilt als dem Konzept des Romans selber.
FAZIT:
Weil Du fehlst ist ein kluger Roman, der sich gleich mit mehreren sensiblen Themen auseinander setzt. Sprachlich fein umgesetzt und auch vom Konzept her überzeugend, ist er eine sinnvolle Lektüre für Jugendliche und junge Erwachsene. Empfindliche Jugendliche sollten jedoch unbedingt die Möglichkeit haben, mit erwachsenen Personen über die verschiedenen Themenbereiche zu diskutieren.
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