Mit eigenen Augen

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  • Erschienen: Januar 2013
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Als Kind schafft es Ferdinand, über den Zaun in die besseren Wälder zu gelangen und wird dort von liebenden Schafeltern großgezogen. Diese versuchen Ferdinands wahre Identität als Wolf geheim zu halten – nicht einmal der Junge selbst weiß, wer er ist. Als Teenager verliebt er sich in Melanie. Eines Abends brechen sie zusammen zu einem abenteuerlichen Ausflug auf, von dem aber nur Ferdinand lebend zurückkommt. Und natürlich gerät Ferdinand unter Verdacht.

Die besseren Wälder von Martin Baltscheit ist eine wunderschöne, moderne Fabel, die ganz anders ist als andere Erzählungen. Das Buch ist durchgehend farbig illustriert. Die Bilder sind außergewöhnlich, wild, und fügen sich ganz nahtlos in die geschriebene Erzählung ein.

Die vielleicht spannendste Idee im Buch ist die, den Charakteren gleichzeitig menschliche wie tierische Züge zu geben. So leben die Schafe nicht etwa auf einer Weide, sondern haben sich selbst hinter einem hohen und bewachten Zaun verschanzt. So sind die Schafe zwar menschlich und tragen Kleidung, doch sie sind auch Schafe und müssen einmal im Jahr zur Schur, die gleich eines heiligen Rituals vollzogen wird. Mit dieser Verknüpfung von Tier und Mensch, die viel detailreicher und lebhafter ist als es in Fabeln normalerweise der Fall ist, schafft eine ganz eigene literarische Qualität. Ständig ist der Leser dazu angehalten, sein etabliertes Bild wieder zu zerbrechen und sich erneut auf die Suche nach der Mitte zwischen Tier und Mensch machen. Durch diesen innovativen Ansatz wird das Thema des Buches auch ganz anders beleuchtet, weil klare Grenzen jetzt vermischt sind.

Letzten Endes erzählt das Buch die Geschichte eines Flüchtlings, der in eine Gesellschaft integriert wird, in die er nicht gehört. Am Ende ist es dann doch seine wahre Natur, die des Wolfes, die die Oberhand gewinnt und ihn zwingt, sein behütetes Leben aufzugeben. Im Lichte der Immigrations-Debatte ist dies vielleicht nicht die politisch korrekteste Aussage, doch geht es in Die besseren Wälder um eine tieferliegende Wahrheit. Darum nämlich, ob die innere Identität einem die Freiheit raubt, eigenständige Entscheidungen zu treffen.

Fazit

Die besseren Wälder ist eine wunderschöne, moderne Fabel, die mit einem herausfordernden Schreibstil und atmosphärischen Illustrationen zum Nachdenken anregt.

Mit eigenen Augen
Mit eigenen Augen
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Sanja Döttling
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonOkt 2013

eindrucksvolle und graphisch schön gestaltet

Mit eigenen Augen ist eine romantische Graphic Novel aus Norwegen. Erzählt wird die Geschichte von dem aufstrebenden Stern am Rockhimmel: Jim. Doch je lauter sein Publikum schreit, je mehr sie ihm zujubeln, desto leerer fühlt sich Jim. Eine Leere, die er mit Drogen und Sex füllt.

Daraufhin verbannt ihn sein Manager in eine verlassene Hütte, sodass er sich vor dem nächsten Konzert erholen kann, vom Trubel des Berühmtseins. Als er dort eines Tages am Strand sitzt, passiert ihm etwas Außergewöhnliches. Ein junges Mädchen läuft an ihm vorbei. Einfach so, ohne ihn überhaupt wahrzunehmen. Das ist ihm schon lange nicht mehr passiert, und prompt folgt er dem Mädchen. Sie heißt Lise. Lise ist blind, und kann ihn nicht sehen, sondern nur fühlen und hören. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Liebe.

Die Graphic Novel Mit eigenen Augen ist eine schöne Abwechslung zu den vielen anderen Jugendbüchern, die auf dem deutschen Markt erscheinen. Durch seine eindrückliche Medialität, die Verknüpfung von Bildern und einer geschriebenen Geschichte, ist es aber nicht ein typisches "Comic", wie man es erwarten würde. Anstatt Panels und Sprechblasen erwarten einen großformatige Zeichnungen, die von Textparagraphen begleitet werden. Dennoch schafft die Graphic Novel es, die Bilder mit dem Text zu verbinden, indem der Schriftyp teilweise auf den Inhalt abgestimmt ist. Ebenfalls auffällig ist die spärliche Farbenwelt der Geschichte. Während die Welt des Sängers Jim in grauem schwarz-weiß versinkt, sind die leuchtend roten Haare von Lise als Gegensatz dazu gezeichnet. Die Zeichnungen von Christoffer Grav sind eckig und rau, vermitteln aber auch die zarte Ästhetik einer aufkeimenden, neuen Liebe.

Es ist eine interessante Idee, eine blinde Liebe in Bildern zu erzählen. Denn dieser Stil der Geschichte zeigt eine ganz eigene Note und eine Freiheit im Erzählen. Die wenigen Textpassagen werden wichtiger, genauer, und bringen die Emotionen der beiden Protagonisten eindrücklich auf den Punkt. Der minimalistische Schreibstil vermittelt genau die Sprachlosigkeit und Leere, die Jim so zu schaffen macht. Dennoch: Die Plotidee – Rockstar verliebt sich in Mädchen, das ihn nicht erkennt – ist nicht die Neuste, und wirkt ein wenig flach und abgenutzt. Auch kann durch die großformatigen Bilder und den spärlichen Text keine allzu große und dramatische Geschichte erzählt werden, sondern nur einen kurzen Einblick geben in das Leben der beiden Protagonisten. Doch was bei diesem Werk viel wichtiger ist, ist die Art der Vermittlung, die Verbindung von Bild und Text, die diese Geschichte einmal anders erzählt.

Fazit

Mit eigenen Augen ist eine eindrucksvolle, graphisch schön gestaltete Graphic Novel für Jugendliche, die definitiv was fürs Auge bietet.

Mit eigenen Augen

Arne Svingen, -

Mit eigenen Augen

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