Nicht jetzt, niemals
- Ueberreuter
- Erschienen: Januar 2012
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- Ueberreuter, 2012, Titel: 'The Golden Day', Originalausgabe
Das angekündigte Thema verfehlt
Die Lehrerin einer Mädchenklasse möchte den Schülerinnen das Thema "Tod" näher bringen. Sie wählt dafür die Hinrichtung, die an diesem Morgen in Australien vollstreckt worden ist. Es wird die letzte Hinrichtung in Australien sein. Doch im Wissen darum, dass ihr Unterricht den Eltern der Schülerinnen nicht genehm sein wird, legt sie den Mädchen ein Schweigegebot auf. Zunächst denken die Schülerinnen, dass es ihnen nicht schwer fallen wird, das Versprechen zu halten, nicht über die Sache zu reden. Nicht jetzt, niemals. Doch die Ereignisse fordern die Kinder. Ihr kollektives Schweigen wird auf eine harte Probe gestellt und findet bei den Erwachsenen wenig Anklang. Je nach Charakter des einzelnen Kindes fällt es ihm mehr oder weniger schwer, sich in den auferlegten Grenzen zu bewegen.
Das an sich spannende Thema, das ein feinfühliges auf psychologische Aspekte aufgebautes Buch erwarten lässt, ist leider von der Autorin Ursula Dubosarsky nicht überzeugend aufgearbeitet. Ob es am Klappentext liegt oder daran, dass die Autorin selber einen anderen Plot im Auge hatte, als den, den sie schließlich lieferte: Der vorgelegte Roman hat mit dem angekündigten Thema nur am Rande zu tun. Vornehmlich geht es in der Geschichte um die Eigeninteressen der Lehrerin, die ihre Stellung missbraucht, um auf Ausflügen mit ihrer Mädchenklasse einem Mann näher zu kommen, der ein unkonventionelles Leben lebt. Zwar stellt die Autorin die Hinrichtung tatsächlich an den Beginn ihres Romans, letztlich aber spielt die Sache nur eine Nebenrolle.
Störend ist einerseits die völlig andere thematische Orientierung des Plots, andererseits stößt auch die sprachliche Umsetzung sauer auf. Laut Verlag richtet sich der Roman an Jugendliche von 14 bis 17 Jahren – doch die gewählte Sprache liegt eher auf dem Niveau von zehnjährigen Leserinnen und Lesern. Diese wiederum dürften mit der Thematik nicht glücklich sein, ist sie doch zu tief in philosophischen Betrachtungen angesiedelt, die allerdings nur oberflächlich scheinen und keinen Anhaltspunkt bieten, sich intensiver mit der Sache auseinander zu setzen. Was anfänglich noch als geringe Spannung vorhanden ist, verliert sich im Laufe des Romans immer mehr und zurück bleibt bei den Leserinnen und Lesern die Frage, was denn nun die Autorin mit diesem Buch wirklich ausdrücken wollte.
Leider schafft es Ursula Dubosarsky nicht, die Charaktere zum Leben zu erwecken. Sowohl die Lehrerin als auch die Mädchen bleiben erstaunlich farblos und die leicht angestoßenen witzigen Elemente – wie etwa die gleich mehrfach vorkommende Elizabeth – wirken schal und abgerissen. Es fällt sehr schwer, sich mit einer der Figuren zu identifizieren. Das mag auch daran liegen, dass es auf gerade mal 143 Seiten kaum möglich ist, bei den Charakteren wirklich in die Tiefe zu gehen und den Lesern eine Fülle von lebendigen Figuren zu bieten. Dadurch, dass es sich hier um eine ganze Klasse mit elf Mädchen und ihrer Lehrerin handelt, wird es auf diesem begrenzten Platz umso schwieriger.
FAZIT
Ursula Dubosarsky wirkt auf weiten Strecken orientierungslos und kann mit ihrer Geschichte weder fesseln noch überzeugen. Die Story ist zähflüssig und bald schon langweilig. Das Zielpublikum wird mit einer allzu kindlichen Sprache deutlich verfehlt und die Charaktere bleiben farblos. Letztlich ist Nicht jetzt, niemals ein Buch, das man nach der letzten Seite aus den Händen legt und keineswegs versucht ist, weiter über die Geschichte nachzudenken.
Ursula Dubosarsky, Ueberreuter
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