Die Masken des Morpheus

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  • Erschienen: Januar 2013
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Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Welt der sechzehnjährigen Kylie noch in Ordnung. Dann trennten sich ihre Eltern, sie erfuhr, dass ihr Vater gar nicht ihr wirklicher Vater war und danach wurde alles noch schlimmer.

Seltsame Kräfte suchten sie heim, sie wurde in ein Internat in der hintersten Ecke von Texas abgeschoben – zumindest empfand sie es so – und damit hatte sie ihren persönlichen Tiefpunkt erreicht – dachte Kylie zumindest. Stimmt nicht, denn im Shadow Falls Camp lernte sie Gleichaltrige kennen, die wie sie selbst ungewöhnliche Fähigkeiten aufwiesen. Da gab es, man denke einmal, Jugendliche, die hielten sich für Vampire oder Werwölfe, da rannten Verrückte rum, die sich Hexen schimpften oder Tiere, von denen die Mitbewohner behaupteten, dass es Gestaltwandler seien – Verrückt! Nur, dass all dies der Wahrheit entsprach.

Im Verlauf der letzten Wochen hat Kylie erkennen müssen, dass ihre Welt so ganz anders ist, als vermutet. Sie selbst sieht Geister, soll diesen mit ihren Kräften Frieden schenken, und heilt ihre todkranke Freundin. Was sie selbst ist, kein Vampir, vielleicht ein Werwolf oder doch eine Hexe, ahnt sie nicht und auch nicht, wem sie ihr Herz schenken soll. Es gibt zwei super-heiße Bewerber.

Eigentlich also schon genug Stress, zumal ihre Mutter ihr erstes Date seit der Trennung von ihrem Stiefvater hat. Doch dann stellen ihr wieder die Vampir-Renegaten In Gestalt eines Adlers und Hirsches nach, versuchen sie zu entführen und ihre mächtigen Kräfte für sich zu nutzen.

Lucas, der Anführer des Werwolfrudels des Camps erobert ihr Herz – doch sein Rudel ist gegen die Beziehung mit der Nichtwerwölfin Kylie, während Derek sich anderweitig getröstet zu haben scheint. Dass sie von den Toten, die den Todesengeln als Boten dienen, immer wieder den rätselhaften Satz "Jemand wird leben, aber jemand anders muss sterben" zu hören bekommt, erleichtert ihr das Leben auch nicht unbedingt. Wer wird sterben, sie selbst, einer ihrer Freunde, ein Feind – kann sie, soll sie das drohende Unheil versuchen zu verhindern?

Auflösung könnte der Besuch auf dem Friedhof von Shadow Falls bringen, doch als Geisterseherin sollte man einen Friedhof tunlichst meiden, wie Kylie schmerzhaft erfahren muss, trifft sie dort doch auf den Geist einer Frau mit der sie sich verbunden fühlt …

Wenn Sie für Ihre pubertierende Tochter Lesenachschub suchen, der ihnen als geplagten Eltern einige Stunden der Muße einbringen soll, dann greifen Sie zu C. C. Hunters bislang dreibändigen Zyklus. Meine 14-jährige Tochter, die vorher Stephenie Meyers Biss-Bücher verschlungen hat, von Casts House of Night angetan und Cassandra Clares Unterwelt-Chroniken begeistert war, hat eine neue Lieblings-Serie für sich und meine Nerven entdeckt.

Wie kaum eine andere der oben genannten Bestseller-Zyklen vereint Hunter in ihrer Serie, in geradezu exemplarischer Art und Weise all das, was Mädchen im Alter zwischen 12 und 16 interessiert.

Es geht natürlich um große Gefühle, um Liebe, das Erforschen der eigenen Anziehungskraft, die Suche nach einem ersten Freund und das vorsichtige Herantasten an das "erste Mal". Dazu gesellt sich die Loslösung von dem sicheren Hafen der Familie, das Auseinanderbrechen familiärer Bindungen und das Kind, das der Trennung der Eltern hilflos gegenübersteht und sich so manches Mal gar die Schuld an der Trennung gibt. Es geht um das Selbstbild, das gerade heranwachsende, junge Menschen suchen: wie wirke ich auf Andere, bin ich attraktiv, muss ich mich anpassen und verliere ich dabei vielleicht meine eigene Identität? All das sind Fragen, denen Hunter hier nachstellt.

Verpackt hat die Autorin diese ernsten Themen in eine Handlung, die wunderbar ausbalanciert romantische Szenen mit gefahrvollen Abenteuern kombiniert sowie das Ambiente eines Ferienlagers, das gleichzeitig als Internat dient, mit übernatürlichen Wesen verbindet.

Gefühle, rasante Action und der Reiz besonderer übermenschlicher Kräfte üben einen ganz eigenen, fast unwiderstehlichen Reiz auf die Leserin aus. Ganz bewusst aber hat die Autorin auch Tod und Trauer integriert. Genauso wie die Geburt gehört das Ende des Lebens zum selbigen, und sollte auch nicht ausgeklammert werden. Das können zwar auch Mama und Papa lesen, der – erste – Freund eher weniger, doch die Zielgruppe sind ganz eindeutig heranwachsende Mädchen. Und wenn ich hier meine Tochter als Beispiel nehme, funktioniert das Erreichen dieser Zielgruppe geradezu mustergültig.

FAZIT

Die Saga um Kylies Erwachsenwerden - ihrer Suche danach, was und wer sie ist - geht in die nächste Runde, ohne dass ein Abschluss absehbar ist. Süchtig machendes Lesefutter für Teenager, das sich all ihrer Sorgen und Nöte annimmt, verpackt in einen mitreißenden Plot.

Die Masken des Morpheus
Die Masken des Morpheus
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Carsten Kuhr
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonApr 2013

Vor dem großen Bild Europas im 18. Jahrhundert erzählt uns der Autor von ergreifenden Schicksalen, von Mut und Hoffnung, aber auch von Verlust, Trauer und Angst.

1793 – Der Kontinent, allen voran Frankreich, wird von einer wilden, ungezügelten Bestie beherrscht – Gewalt wohin man sieht. Die Französische Revolution mit ihren Schlagworten von Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit ist dabei ihre Kinder zu fressen. Das scharfe Messer der Guillotine trennt nicht nur die Häupter derer, die auf Kosten der Armen in Saus und Braus lebten, sondern es werden auch alte Rechnungen beglichen. Rechtsanwälte schwingen sich zu despotischen Herrschern auf; Macht korrumpiert, totale Macht führt selbst die integersten Menschen in Versuchung.

Der junge Arian Pratt, ein begnadeter Zirkusdarsteller der nicht nur auf dem Hochseil glänzt, sondern auch mit seiner Holzpuppe und seinem Bauchrednertalent das Publikum in seinen Bann zieht, ist mit seiner Schaustellertruppe nach London geflüchtet. Zwar herrscht inzwischen Krieg zwischen Frankreich und England, doch die Unterhaltung kennt keine Grenzen. So könnte Arian eigentlich zufrieden sein, bis das Unerklärliche in sein Leben Einzug hält. Ein mysteriöser Mann begegnet ihm, ein Mann, dessen Berührung dazu führt, dass er sich urplötzlich im Körper des Fremden wiederfindet und sich selbst ansieht. Was ist hier passiert, was will der Fremde von ihm und wie bekommt er seinen eigenen Körper zurück? Die Auflösung dieser Fragen führt Arian, begleitet von einer vorlauten und hinreißenden jungen Dame, quer durch das krisengeschüttelte Europa und tief in die eigene Vergangenheit.

Unbemerkt leben seit Jahrtausenden Menschen unter uns, die ihre Seele mitsamt allen Erinnerungen in andere Körper transferieren können. Auf diese Weise gelingt es ihnen nicht nur, dem Tot ein Schnippchen zu schlagen, sondern auch Reichtümer und Wissen anzuhäufen, um sich als graue Eminenzen im Hintergrund der Reiche zu etablieren.

Hinter den Exzessen der französischen Revolution stecken die von M angeführten Swapper ebenso, wie sie den gewaltsamen Tod von Arians Eltern zu verantworten haben. Als sich dann herausstellt, dass der Anführer der Seelendiebe Arians Verwandter ist, dass seine Eltern von ihrem eigenen Vater gejagt wurden, weil sie sich gegen das Schreckensregime der Körpertauscher stellten, muss Arian sich entscheiden – ob er vermeintlich ewig auf Kosten anderer armer Seelen leben will, oder das Böse bekämpft …

Ralf Isaus Romane waren und sind immer etwas anders als die gängigen Fantasy-Titel anderer Autoren. Nicht nur, dass er sich immer ganz eigene, oftmals nicht eben einfache Themen und Handlungsorte aussucht, er versucht seine Leser auch immer zum Nachdenken, zum kritischen Hinterfragen zu verführen. Das ist vorliegend nicht anders. Minutiös recherchiert, erwartet den Leser nicht nur ein sehr realistisches, teilweise schockierend brutal und gewalttätiges Bild der Zeit der französischen Revolution, sondern auch immer wieder moralische Fragen und Zweifel, mit denen er sich auseinandersetzen und beschäftigen muss.

Was würden wir tun, wenn wir einfach durch eine kurze Berührung in einen anderen Körper schlupfen könnten – in einen jungen, kräftigen, ansehnlichen Körper eines Menschen mit Vermögen, mit Einfluss, mit Gaben, die wir ohne jegliche eigene Mühe übernehmen und uns aneignen könnten? Würden wir der Versuchung widerstehen können, würde die Moral und Ethik triumphieren, oder doch eher der Egoismus? Fragen, die der Autor sich, seinen Figuren und dem Leser ganz bewusst stellt.

Eingebettet in eine ebenso temporeiche wie spannende Handlung gibt es immer wieder Situationen, in denen Isau seinen Figuren vor Wahlmöglichkeiten stellt – wird man etwa einen Mörder, der gerade noch versucht hat den Helden umzubringen, hilflos eingeklemmt in einem brennenden Haus zurücklassen, oder ihm zumindest eine Chance auf Rettung zugestehen, so dass er sich vielleicht wieder auf die Jagd nach den Protagonisten machen kann – Fragen, die nicht eben typisch für Fantasy Bücher sind, dafür aber umso mehr für Romane aus der Feder Ralf Isaus. Das Beste daran aber ist, dass diese Tiefe, diese Verlockung, sich spielerisch auf solche Gewissensentscheidungen einzulassen, die packend aufgezogene Handlung in keinster Weise stört.

FAZIT

Die Idee des Körpertauschs, der Unterwanderung der Gesellschaft durch wie auch immer geartete Parasiten ist keine wirklich neue Idee – die Umsetzung aber schon. Vor dem großen Bild Europas im 18. Jahrhundert erzählt uns der Autor von ergreifenden Schicksalen, von Mut und Hoffnung, aber auch von Verlust, Trauer und Angst – all diese Dinge, die zum Leben gehören, die jedem Menschen im Verlauf seines Daseins begegnen und mit denen er sich, verpackt in einem mitreißenden Roman, hier kurzweilig beschäftigen kann.

Die Masken des Morpheus

Ralf Isau, -

Die Masken des Morpheus

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