Die einzige Zeugin

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2012
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  • Fischer, 2009, Titel: 'The Dead House', Originalausgabe
Die einzige Zeugin
Die einzige Zeugin
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Rita Dell'Agnese
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJul 2012

Thriller mit viel Tiefgang

Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Thriller mit viel Tiefgang"

Laureen war sieben, als sie ihren Vater mit blutigem Messer vor der Leiche ihrer Mutter stehen sah. Tot war auch ihr erst neun Monate altes Schwesterchen Daisy. Mit Hilfe ihrer Tante Jessica und deren Mann Donny kann Laureen die traumatischen Ereignisse verarbeiten. Zehn Jahre nach dem Mord ziehen Jessica und Donny mit Laureen zurück nach London, unweit jener Straße, in der die Familie damals lebte. Laureen fühlt sich vom ehemaligen Elternhaus magisch angezogen. Da lernt sie Nathan kennen, dessen Familie vor kurzem das Haus ersteigert hat und nun dabei ist, die Räume zu renovieren. Als Laureen im ehemaligen Schlafzimmer ihrer Eltern steht, tauchen Erinnerungen auf, die die Geschehnisse in ein ganz anderes Licht rücken. Laureen beginnt, zu zweifeln.

Es braucht einiges an Fingerspitzengefühl, um die Hauptprotagonistin Laureen glaubwürdig erscheinen zu lassen. Denn das Schicksal des Mädchens verleitet dazu, sie mit einem Glorienschein auszustatten. Aber Anne Cassidy meistert diese Klippe mit Bravour. Sie beschreibt eine 17-Jährige, die zwar nach wie vor mit einem Trauma zu kämpfen hat, die aber durch die Hilfe ihrer Verwandten in den letzten Jahren gelebt hat, mit der schrecklichen Tatsache zu leben, dass ihr Vater für den Mord an ihrer Mutter und ihrer Schwester im Gefängnis sitzt. Die Autorin geht einfühlsam auf die Zerrissenheit Laureens ein und gibt dem Mädchen damit das Gesicht einer zwar starken aber nicht übernatürlich toughen jungen Frau.

Die Ereignisse der Vergangenheit, aber auch Laureens Kampf, sich nach zehn Jahren den Geistern der Vergangenheit zu stellen, sind hervorragend ineinander verknüpft und formen sich mehr und mehr zu einem runden Bild. Die Geschichte ist solide aufgebaut und verfügt über einen intakten Spannungsbogen, der sich über die ganzen Geschehnisse spannt und nur ganz vereinzelt leicht abflacht. Anne Cassidy gelingt es, die Ereignisse so darzustellen, dass der Thriller selbst bei bekannter Sachlage überraschende Wendungen nimmt und viel Spielraum für Spekulationen lässt. Hier beweist sich die Autorin als psychologisch geschulte Erzählerin. Sie weckt Erwartungen, führt in die Irre und lässt Scheinwelten entstehen. Dabei bleibt sie aber immer auf dem Boden und führt die Leser nach einigen Ausflügen auch immer wieder zum Kern der Geschichte zurück. Das ist eindeutig Laureen, die dabei ist, ihr Leben zu gestalten und sich von all dem zu verabschieden, was sie in den vergangenen Jahren begleitet und geprägt hat. So, wie es bei 17-Jährigen durchaus üblich ist. Dazu gehören auch die ersten Erfahrungen mit Alkohol und mit der Liebe.

Überzeugen kann Anne Cassidy aber auch mit der Geschichte von Jessica und Donny, die sich nach den Jahren, die sie für Laureen da waren, auseinander gelebt haben und dabei sind, eigene Wege zu gehen. Feinfühlig und gekonnt beschreibt die Autorin den langsamen Zerfall der Beziehung, den Ausbruch Donnys und die daraus resultierende Veränderung von Jessica. Dass Laureen, die an sich mit ihren eigenen Problemen beschäftigt ist, unvermittelt in die Fronten gerät, wirkt überaus glaubwürdig.

FAZIT

Ein starker Thriller, der sowohl von den Figuren als auch vom Aufbau her überzeugt. Das angeschlagene Tempo lässt genügend Spannung aufkommen, um das Buch nicht mehr aus den Händen legen zu wollen. Dass nebenbei Laureens Geschichte des Erwachsenwerdens erzählt wird, macht den Roman zu einem gelungenen Leseerlebnis mit viel Tiefgang.

Die einzige Zeugin

Anne Cassidy , Fischer

Die einzige Zeugin

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