Harpyienblut

  • Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2012, Originalausgabe
Harpyienblut
Harpyienblut
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Zwischen Mythos und Realität liegt die Wahrheit

Lucie ist 18 Jahre alt und wohnt bei ihrer Tante. Sie geht zusammen mit ihrer Freundin Emilia in die Oberstufe, und ihre Leidenschaft gilt dem Volleyballteam ihrer Schule. Eigentlich ist sie ein ganz normaler Teenager, doch die Idylle trügt. Denn Lucie trägt seit ihrer Geburt ein Geheimnis mit sich herum, das nicht nur sie, sondern auch alle in ihrer Umgebung in große Gefahr bringen kann: Auf ihrem Rücken befinden sind die Flügel eines Raubvogels.
Noch nie hat sie einen ähnlichen Menschen getroffen, doch im Traum erscheint ihr immer wieder ein Junge mit schwarzen Schmetterlingsflügeln.
Und auch der düstere Sergej aus ihrer Volleyballmannschaft scheint sie zu beobachten. Weiß der Fremde etwas über sie? Kann Sergej ihr helfen? Gibt es noch mehr von ihrer Art? Welches Schicksal erwartet sie?
Doch dann kommt alles ganz anders als erwartet. Lucie wird von einer unsichtbaren Macht gelenkt: Sie soll die Seelen von verstorbenen Kindern ins Jenseits begleiten. Immer mehr entgleitet sie der realen Welt, und schon bald muss sie Angst um ihre Menschlichkeit haben.

"Jeder Mythos enthält einen wahren Kern"

Endlich mal wieder ein richtig guter Fantasy-Romance-Roman made in Germany! Das Buch habe ich innerhalb weniger Tage regelrecht verschlungen. Neben einer absolut sympathischen Protagonistin lebt das Buch von den realistischen Beschreibungen der Autorin. Die Geschichte ist genauso spannend, wie sie romantisch und dramatisch ist. Für mich ist hier alles enthalten, was einen guten Roman ausmacht. Doch nun im Detail:

Besonders positive Aufmerksamkeit sollte man der liebevollen Charaktergestaltung widmen. Vor allem die Protagonistin Lucie ist bereits nach wenigen Seiten vor meinem geistigen Auge zum Leben erwacht. Wenn es eine Autorin schafft, die Charaktere detailliert zu beschreiben, aber dennoch genug Platz für die eigene Fantasie lässt, dann hat das durchaus ein Lob verdient. Lucie macht wohl die größte und härteste Wandlung während der Geschichte durch. Zum einen wird sie von ihren Gefühlen zu den männlichen Charakteren gelenkt, zum anderen versucht sie ihre Rolle als Harpyie zu verstehen. Die Konflikte, die sie in ihrem Inneren austrägt, sind für den Leser also absolut nachvollziehbar.

Genauso schön und teilweise märchenhaft sind die Beschreibungen der Fabelwesen. Man kann sich genau vorstellen, wie Lucie als Harpyie aussieht und mit den ausgebreiteten Flügeln über Berlin fliegt. Generell kann man sagen, dass die Beschreibungen und Bilder der Umgebung sehr genau sind. Für mich wäre es jetzt spannend gewesen, in Berlin zu leben und z.B. die U-Bahn-Haltestellen, die im Buch beschrieben werden, zu besuchen.
Das Setting Berlin war für mich am Anfang etwas ungewohnt, weil ich noch nie eine Fantasy-Geschichte, die in unserer Hauptstadt spielt, gelesen habe. Aber auch hier wurde ich nach kurzer Zeit überzeugt. Versteckte Winkel und verlassene Gegenden machten es möglich, eine Existenz der Fabelwesen in Berlin zu akzeptieren.

Eine weitere wichtige Rolle spielt die griechische Mythologie. Der Leser bekommt sie durch das Wissen von Sergej näher gebracht. Dieser interessiert sich sehr dafür und versucht so, Lucie zu helfen, um ihr ihre wahre Bestimmung zu offenbaren. Ich persönlich konnte hier noch ein bisschen was dazu lernen und habe mich auch teilweise näher damit im Internet beschäftigt, weil es doch ein sehr spannendes Thema ist.
Der kleine Gruselfaktor tritt in diesem Buch in Form von Geistern in Erscheinung. Wer also ein Fan der Durchsichtigen ist, kommt hier auch auf seine Kosten.

Die Geschichte hat mich schon nach den ersten Kapiteln gefesselt, da für den Leser immer neue Fragen aufkommen, die es im weiteren Verlauf des Buches zu beantworten gilt. Die Geheimnisse rund um die Harpyien werden nur sehr langsam aufgeklärt und heizen so die Spannung weiter an. Selbst auf den letzten Seiten werden einem noch Dinge offenbart, die vorher noch gar kein Thema waren.
Durch einige Rückblenden erfahren wir mehr über das Leben der Harpyien und auch über die Protagonisten. Sie sind überaus angenehm zu lesen, da sie oft Licht ins Dunkel bringen.

Einen winzigen Kritikpunkt habe ich dennoch anzubringen. An manchen Stellen findet ein zu starker Bruch, ein zu starker Wechsel im Verhalten der Figuren statt. Während der Leser noch über die Verhaltensweise eines Charakters in der aktuellen Szene nachdenkt, handelt dieser im nächsten Moment schon wieder ganz anders, entgegengesetzt. In dieser Irritation musste ich doch immer noch einmal zurückblättern und die entsprechende Szene ein zweites Mal lesen.
Gut daher, dass solche Stellen selten sind; sie fallen aber dennoch auf.

Da die zentralen Themen des Buches Tod, Wiedergeburt, Leidenschaft, Liebe und auch Sex sind, würde ich das Buch eher den jüngeren Erwachsenen empfehlen.

FAZIT

Wer an griechischer Mythologie mitsamt ihrer faszinierenden Wesen interessiert ist, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Außerdem kann ich eine klare Leseempfehlung für alle aussprechen, die Fantasy mit einer ordentlichen Portion Romantik und Dramatik bevorzugen.
Die Geschichte ist so facettenreich wie überraschend – ein absolutes Lese-Highlight!

Harpyienblut

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