Mulan

Film-Kritik von Nina Pimentel-Lechthoff / Titelmotiv: © Disney Enterprises Inc.

Eine Frau, für die ein Kampf sich lohnt

Nach vielen Kinostart-Verschiebungen hat sich Disney dazu entschieden, seine neueste Realverfilmung eines Animationsklassikers auf den hauseigenen Streaming-Dienst Disney+ zu veröffentlichen. Ähnlich wie andere Kinofilme, denen Corona einen Strich durch die Rechnung gezogen hat, wird der Film als sogenanntes VoD (Video on Demand) angeboten: Disney+-Abonnenten müssen, falls sie den Film gucken wollen, den Film kaufen. Im Fall von Mulan sind das knapp 22 Euro – oder man wartet bis Dezember, wenn der Film im normalen Disney+-Katalog verfügbar ist.

Wer bin ich?

Ja, wer ist Mulan im Jahr 2020? Ähnlich wie im Animationsfilm von 1998 nimmt Mulan den Platz ihres Vaters in der großen Armee des Kaisers ein, die das Land vor Eindringlingen aus dem Norden schützen soll. Verkleidet als Mann gibt sie sich fortan als Jun Hua aus und begibt sich auf eine gefährliche Reise durch China, um sich dem Militär anzuschließen und unter Kommandant Tung die knallharte Ausbildung zur Kriegerin zu absolvieren. Denn nur so kann sie das Gefecht überstehen und nicht nur ihr Vaterland, sondern auch ihren Vater mit Stolz erfüllen.

Obwohl die Realverfilmung sehr nah dran am Animationsfilm ist, gibt es sehr grundlegende Unterschiede. Der wichtigste ist: Es wird nicht gesungen. Aber obwohl Mulan kein Musical ist, sind viele der ikonischen Lieder aus dem Klassiker von 1998 mit dabei – als Teil des Soundtracks. Etwa wenn Mulan an sich zweifelt, kann man die Klänge von Wer bin ich? hören, auf dem Weg zur Heiratsvermittlerin gibt’s dann die Klänge zu Ehre für das Haus, Sei ein Mann untermalt dann sehr passend die Trainings-Montagen im Armee-Camp.

Ich bin ein großer Fan des Animationsfilms von 1998. Als Kind der 90er war Mulan eine meiner Lieblingsheldinnen aus dem Hause Disney. Dementsprechend kann ich jedes Lied des Musicals mitsingen. Trotzdem finde ich die Entscheidung, Mulan nicht als Musical neu zu verfilmen, in diesem Fall genau richtig. Denn die Realverfilmung verfolgt einen „realistischeren“ Pfad. Da wären Figuren, die plötzlich los singen, etwas fehl am Platz gewesen.

Ehre für das Haus

Aber „realistisch“ sollte man auf keinen Fall mit „Realismus“ verwechseln, denn wirklich real wirkt die Welt von Mulan leider nicht. Das ist nicht immer schlimm, wie etwa bei den Kämpfen. Die Fäuste fliegen genauso wie die Menschen und Hindernisse werden mit Leichtigkeit überwunden. In dieser Hinsicht steht Mulan in der Tradition des Wuxia-Films, wie z.B. Tiger & Dragon oder Shaolin Soccer. Es gibt atemberaubende Stunts, wenn etwa Mulan und ihre Freunde in einer engen Gasse gegen Eindringlinge kämpfen. Ich habe immer Spaß an solchen Filmen, in denen Martial Arts mit verrückten und unmöglichen Bewegungen kombiniert werden. Da kann man schnell den Glaubwürdigkeits-Schalter im Kopf ausschalten und die tolle Action genießen.

Was mich aber bei Mulan die ganze Zeit über am Realismus der Welt hat zweifeln lassen, sind die Kulissen. Das Dorf, in dem Mulan wohnt, sieht sehr nach Film-Set aus, genauso wie die anderen Kulissen. Es ist alles sehr bunt und aufgeräumt. Genau das gleiche gilt auch für die Kostüme. Das gleiche Problem hatten meiner Meinung auch die anderen Realverfilmungen, wie etwa Aladdin oder Die Schöne und das Biest. Mulan schafft hier aber ab und zu die Kurve. So sieht beispielsweise das Camp, in dem Mulan einen Großteil des Films verbringt, sehr echt aus und auch die Kostüme der Krieger sehen gebraucht aus.

21st Century Mulan

Es gibt aber eine Neuerung in der Realverfilmung von Mulan, die mich sehr positiv überrascht hat. An der Seite des Bösewichts kämpft eine Hexe. Ohne zu viel zu spoilern: Sie und Mulan sind zwei Seiten einer Medaille. Zwei Gegensätze, die in dieser sehr patriarchalen Gesellschaft nicht so recht reinpassen. Das ist ein sehr interessanter Einsatz, der zu einer spannenden Charakterentwicklung auf beiden Seiten führt. Leider wird den beiden Figuren wenig Zeit gelassen, sich mit der jeweils anderen auseinander zu setzen. Ich hätte mich gefreut, wenn es mehr Szenen zwischen Mulan und der Hexe gegeben hätte.

Fazit:

Mulan fehlt meiner Meinung nach das, was vielen anderen Realverfilmungen von Disney fehlt: Herz. Der Film sieht sehr oft unecht aus, sowohl was die Kulissen als auch die Kostüme angeht. Eine Sache, die mich aber überrascht hat, ist, dass die Musical-Komponente mir gar nicht gefehlt hat. Auch die neue Figur der Hexe und wie ihre Figur mit Mulan interagiert, finde ich eine sehr schöne Ergänzung (auch wenn ich mir mehr davon gewünscht hätte). Für Mulan- und Kung-Fu-Film-Fans kann sich die 22-Euro-Investition durchaus lohnen, wenn man aber nur etwas neugierig ist, kann es auch bis Dezember warten.

„MULAN“ –ab Freitag, 4. September exklusiv mit VIP-Zugang auf Disney+ zum Streamen verfügbar

Bilder & Cover: © Disney Enterprises Inc.

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