Fair Play

Broschur, 336 Seiten

ISBN: 9783499012006

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Theresa Mürmann
7101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJul 2023

Ein Klima-Thriller mit dem Klima in der Nebenrolle

„Dürresommer und Mikroplastik - sind wir noch zu retten?!“ ­– so lautet das Thema des Förderwettbewerbs, an dem Keras Stufe teilnehmen soll. Die Begeisterung hält sich zunächst in Grenzen, doch dann kommt eine Idee auf, die die ganze Schule in einen Ausnahmezustand versetzt. Was wäre, wenn es eine App gäbe, die das Umweltverhalten eines bzw. einer jeden Einzelnen kontrollieren würde? Keine Sünde bliebe ungestraft, sondern wäre für alle sichtbar. Das Icon muss grün bleiben, unter allen Umständen. Gemeinsam gegen die Klimakrise: Fair Play!

Ein soziales Experiment, das aus dem Ruder läuft - da denkt man direkt an Morton Rhues Klassiker „Die Welle“. Tatsächlich finden sich auch in dem Roman von Kerstin Gulden einige Parallelen, die an die bekannte Schullektüre erinnern. Schon kurze Zeit nach der Entwicklung der App stehen sich zwei Lager gegenüber: die „Fair Player“ und die „Foul Player“. Wer an der Schule nicht mitzieht und sein Leben nicht von der Klima-App kontrollieren lassen möchte, wird als unsolidarischer Störfaktor für die Allgemeinheit angesehen. Eine in sich toxische Bewegung mit vorgeschobenen Klimazielen nimmt an Fahrt auf, deren „Fair Play“ auf Ausgrenzung, Kontroll- und Gruppenzwang basiert.

Erzählt wird aus der Sicht von Kera, Elodie, Max und Leonard. Kera hatte die Idee zu der App und will dem Bildungssenator Christoph Eichner, der den Förderwettbewerb ins Leben gerufen hat, nebenbei eins auswischen. Elodie ist eine gefragte Influencerin, die für Fair Play alle bisherigen Verträge kündigt und sich ein neues Image verpasst. Max schlägt sich als App-Verweigerer durch, während Leonard das Brain hinter Fair Play ist. Letzterer hat die App entworfen und lebt fortan für den Wettbewerb.

Ein Hauch von Science-Fiction ist angesichts der Zukunftsvision einer alles kontrollierenden App zur Dokumentation der Umweltsünden mit dabei. Ganz so fern scheint diese Möglichkeit aber auch nicht zu sein. Dennoch: Nicht ganz nachvollziehbar ist, wie innerhalb von kürzester Zeit eine App programmiert werden kann, die den Verbrauch sämtlicher Lebensmittel und Verhaltensweisen kennt. Die genaue technische Umsetzung sowie deren alltäglicher Gebrauch durch die Schüler*innen bleibt eine Blackbox.

Unnahbar bleiben bisweilen auch die Protagonist*innen, die zwar alle eine enorme Entwicklung durchlaufen, es der Leserschaft jedoch schwer machen, sich mit ihnen zu identifizieren oder zu sympathisieren. Man ist hier und da auf der Suche nach einer Figur mit mehr Durchschnittlichkeit und ohne ein ganzes Bündel an Alltags- und Persönlichkeitsproblemen. Eine gewisse Schwermut ist somit auf nahezu jeder Seite zu finden, die ihren Höhepunkt am Ende findet.

In dieser Geschichte steht nicht die Klimakrise im Fokus, sondern vielmehr die Abgründe des sozialen Miteinanders. Mobbing, Ausgrenzung, Erpressung, bis hin zu Gewalt sind wiederkehrende Motive, die die einzelnen Fair und Foul Player begleiten. Obwohl die App an sich einige Fragen aufwirft, ist das Szenario, das hier entworfen wird, durchaus denkbar. Schon lange bestimmt Social Media den Alltag gerade der jüngeren Generation. Eine gewisse Form von Kontrollverlust ist dabei bereits heute zu spüren.

Allerdings bleibt es bei „Fair Play“ nicht alleine bei der Frage, ob die Schule in dem Experiment ihr Ziel erreicht und kollektiv „grün“ bleibt. Vielmehr treten Hintergrundfakten, vergangene Ereignisse und Figuren auf, die aus dem Förderwettbewerb einen regelrechten Krimi machen. Im letzten Drittel wirkt dies manchmal etwas konfus und konstruiert, dennoch bleibt der Spannungsbogen hoch. Ein etwas anderer Ausgang wäre allerdings denkbar gewesen.

Fazit

Klima-Rettung trifft „Die Welle“: Eine moderne Adaption, deren Vision nicht allzu fern klingt.

Fair Play

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