Caulfield

Das meint Jugendbuch-Couch.de: "Gegenwart trifft Vergangenheit"

Die siebzehnjährige Marie, genannt Motte, ist schwer verliebt und das ausgerechnet in den coolen Lukas, den alle nur Laser nennen. Die Tatsache, dass sein Vater gefragter Stuntman in Hollywood ist, gibt Lukas natürlich eine ganz besondere Aura. Lukas ist der Schwarm aller Mädchen, alle reißen sich um seine Aufmerksamkeit und er hat ständig seinen Fan-Club um sich. Und doch ist Lukas alles andere als der Strahlemann mit der weißen Weste. Nachdem er auf einer Schulparty den tschechischen Mitschüler Pavel provoziert und grundlos zusammengeschlagen hat, beschuldigt er anschließend Pavel, mit der Schlägerei angefangen zu haben und leider sind auch die Lehrer nur allzu schnell bereit, eher Lukas Glauben zu schenken als Pavel. Obwohl alle Anwesenden gesehen haben, dass Lukas der Schuldige ist, hat keiner den Mut, die Sache richtig zu stellen und  für Pavel Partei zu ergreifen, als dieser einen Schulverweis bekommt. Was zählt gegen den smarten Lukas schon der Tscheche Pavel, den alle "den Polen" nennen und der Deutsch mit Akzent spricht, dessen Mutter als Putzfrau arbeitet und der keine Markenklamotten trägt?

Und Motte? Die hat durch einen dummen Zufall die Szene mit ihrem Handy gefilmt und weiß genau, wer hier wen provoziert und angegriffen hat. Doch statt die Sache richtig zu stellen, hält sie den Mund und redet sich die Situation lieber schön. Sie kann doch ihren heimlichen Schwarm nicht einfach bloßstellen, auch wenn der sie eigentlich gar nicht beachtet. Motte ist zu Beginn des Romans alles andere als eine sympathische Figur. Für ihre 17 Jahre ist sie noch reichlich naiv, ein unscheinbares Mädchen mit mangelndem Urteilsvermögen, völlig verblendet von ihrer schwärmerischen Liebe zu Lukas. Und als sich Lukas dann plötzlich für sie zu interessieren beginnt, wähnt sich Motte endlich am Ziel ihrer Wünsche. Dass hinter Lukas´ plötzlichem Interesse an ihr jedoch etwas ganz anderes steckt, will sie in ihrer Verliebtheit nicht wahrhaben.

Als Lukas ihr erzählt, dass er die Osterferien bei seinem Vater in Los Angeles verbringen wird, beschließt Motte, ihm nach Amerika nachzureisen, wo sie sich in ihren Träumen schon gemeinsam mit Lukas am Strand von Kalifornien sieht. Doch woher das Geld für den Flug nehmen? Ihre Mutter kann es ihr nicht geben, bleiben also nur noch die Urgroßeltern. Nur leider hat Motte zu diesen kein gutes Verhältnis und möchte mit ihnen auch so wenig wie möglich zu tun haben.

Und doch ist der Urgroßvater bereit, Motte das Geld für die Reise zu geben. Er stellt aber eine Bedingung - und zwar eine ziemlich ungewöhnliche. Motte soll ihre Urgroßeltern nach Tschechien fahren, die alte Heimat ihrer Großmutter, aus der diese Ende des 2. Weltkriegs vertrieben wurde.  Zähneknirschend willigt Motte ein, denn sie würde alles tun, damit sie zu Lukas nach Amerika kann. Die Fahrt mit ihren Urgroßeltern verläuft dann allerdings ganz anders als gedacht, denn Mottes Urgroßmutter leidet an Demenz. Es ist eine abenteuerliche Reise in die Vergangenheit der Urgroßeltern und für Motte wird es auch eine Reise zu sich selbst, an deren Ende sie so manches aus einem ganz anderen Blickwinkel sieht. Das Eintauchen in die Vergangenheit ihrer Urgroßeltern bringt die drei einander näher und so sieht nicht nur Motte ihre Urgroßeltern, sondern auch der Urgroßvater seine Urenkelin nach und nach in einem ganz anderen Licht. Generationenprobleme kennt jeder von uns, aber hier wird gezeigt, dass man sie überwinden kann, indem man Verständnis füreinander aufbringt.  

Ist Motte zu Beginn des Buches noch ein unreifer verträumter Teenager, wird sie im Laufe der
Geschichte erwachsen und erobert sich die Sympathien des Lesers. Sie bringt nicht nur den Mut auf, ihr bisheriges Verhalten in Frage zu stellen und das Richtige zu tun, sie erkennt auch Lukas als den Aufschneider und Feigling, der er in Wirklichkeit ist.

Es sind unglaublich viele Themen, die Heike Eva Schmidt in ihrem Roman anschneidet: Mobbing, Zivilcourage, Demenz, Generationenkonflikte, Kriegsverbrechen, die Vertreibung der Deutschen während des 2. Weltkriegs. Es gelingt ihr aber, diese komplexen Themen geschickt miteinander zu verknüpfen und sie für junge Leser nachvollziehbar zu verarbeiten.

FAZIT

Der Roman von Heike Eva Schmidt ist ein spannendes Roadmovie mit einer Protagonistin, die einem erst nach und nach sympathisch wird. Motte ist eine Figur, die sich im Laufe der Geschichte weiterentwickelt und als Mensch reift. Die Themen in diesem Buch geben Anreiz, sich selbst einmal mit diesen auseinanderzusetzen und eigene Verhaltensmuster zu überdenken.

Caulfield
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Yvonne Schulze
9101

Jugendbuch-Couch Rezension vonJul 2012

ein nervenaufreibender Thriller

Das meint Jugendbuch-Couch.de: "ein nervenaufreibender Thriller"

Als Klaus mit seiner Mutter nach Oslo zieht und das erste Mal das neue Haus betritt, in dem die beiden künftig wohnen werden, kommt ihm das schon wie ein schlechtes Omen vor. Alt, abgewohnt, unrenoviert und irgendwo in der hintersten Reihe am Stadtrand gelegen, wirkt dieses Haus eher abweisend als einladend. Und dann ist da noch das Problem mit der neuen Schule, in die Klaus kommt. Eine neue Klasse, in die er sich einfügen muss, neue Mitschüler, die er erst kennenlernen muss und die ihm eines voraus haben: Sie kennen sich bereits, wissen mit wem man sich einlassen kann und von wem man am besten Abstand hält. Und dann ist seine Mutter zu allem Überfluss auch noch die neue Schulpsychologin an dieser Schule, denn das ist der eigentliche Grund für den Umzug und den damit verbundenen Schulwechsel für Klaus. Doch der introvertierte Klaus ist fest entschlossen: Sein Start an der neuen Schule soll ein voller Erfolg werden, denn er hat es satt, überall als der Loser dazustehen. Da scheint es eine günstige Fügung des Schicksals zu sein, als Klaus dann recht schnell Sturla kennenlernt, einen seiner zukünftigen Klassenkameraden. Doch Sturla reagiert abweisend, verhält sich seltsam und trotzdem sucht Klaus seine Freundschaft -  nicht ganz ohne Eigennutz, erhofft er sich doch durch diese Freundschaft einen besseren Start in der neuen Klasse. Doch bevor es dazu kommt, ist Sturla plötzlich tot. Unfall, Selbstmord oder gar Schlimmeres? Klaus, der zufällig in den Besitz von Sturlas Tagebuch gelangt, glaubt nicht an einen Unfall oder gar einen Selbstmord, und er beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei gerät er sehr schnell in ein gefährliches Spiel.

Ein Thriller, der diese Bezeichnung auch verdient

Viele Romane kommen heutzutage mit dem Label "Thriller" auf den Buchmarkt und doch werden viele davon diesem Label nicht gerecht. Doch dieser Roman des norwegischen Autors Harald Rosenlow Eeg hat das Label "Thriller" wirklich verdient, denn er ist so, wie ein Thriller sein soll. Die Geschichte nimmt den Leser von Beginn an gefangen, reißt ihn mit und lässt ihn bis zum Schluss nicht mehr los. Schon auf den ersten Seiten gelingt es dem Autor, mit einer sehr bildhaften Sprache eine düstere und unheimliche Atmosphäre zu schaffen, die ständig präsent bleibt. Mit dramaturgischer Raffinesse baut der Autor kontinuierlich Spannung auf, die sich gegen Ende nahezu ins Unerträgliche steigert. Er versteht es wunderbar, seine Leser zu fesseln und man klebt förmlich an dieser mit ihren 220 Seiten sehr komplexen und atmosphärisch dichten Geschichte, die bis zum Ende undurchschaubar bleibt. Manchmal meint man zwar, die Zusammenhänge erkannt zu haben, nur um dann feststellen zu müssen, dass einen der Autor auf die falsche Fährte gelockt hat. Überraschend ist dann das Ende, das dem Leser genügend Stoff zum Nachdenken gibt.

Die Geschichte wird in Ich-Form aus Klaus´ Perspektive erzählt. Klaus ist kein Überheld, er ist ein introvertierter, manchmal etwas unsicherer Teenager. Bei seinen Versuchen, hinter die wahren Gründe für Sturlas Tod zu kommen, agiert er oft unüberlegt, vertraut den falschen Menschen und man möchte als Leser oft eingreifen, weil man spürt, dass er sich mit den falschen Leuten abgibt. Doch irgendwann muss er feststellen, dass er zum Spielball einer grausamen Macht geworden ist, deren Manipulationen er sich hilflos ausgesetzt sieht. Er gerät immer mehr in einen gefährlichen Strudel, aus dem es kein Entrinnen mehr zu geben scheint und hinter dessen Machenschaften der geheimnisvolle Caulfield steht. Doch wer ist Caulfield?

Nun, zuerst einmal heißt so der Held aus J. D. Salingers weltberühmten Roman "Der Fänger im Roggen", ein Roman, der in dieser Geschichte eine nicht unwichtige Rolle spielt. Caulfield heißt aber auch der Hund von Klaus´ neuem Klassenlehrer, der irgendetwas zu verbergen scheint und zu allem Überfluss wahrscheinlich auch der neue Freund seiner Mutter ist. Und was verbergen manche seiner Klassenkameraden? Je näher Klaus der Wahrheit kommt, umso grausamer wird das Spiel, dass man mit ihm spielt, umso dichter scheint er sich in einem Gewirr von Intrigen und perfiden Machtspielen zu verstricken.

FAZIT

Eine gut durchdachte, logische Geschichte, psychologisch ausgefeilt mit  vielschichtigen Charakteren, düster und geheimnisvoll und dabei spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Ein sehr guter Thriller, der ohne Gewalt und Blutvergießen auskommt und an dem Jugendliche wie Erwachsene ihre Freude haben dürften. Zartbesaitete Leser sollten diesen Roman allerdings mit etwas Vorsicht genießen.         

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