Eragon

von Julian Hübecker / Titelmotiv: © cbj-Verlag, Verlagsgruppe Random House

Sé onr Sverdar sitja hvass!

(Mögen eure Klingen scharf bleiben!)

Darauf haben Fans lange gewartet: Drachenreiter Eragon und sein saphirbeschuppter Drache schwingt sich wieder in die Lüfte. Vor über 7 Jahren ging der letzte Band Das Erbe der Macht an den Start – seitdem wurde es etwas ruhiger in Deutschland um den gefeierten Autor Christopher Paolini. Dabei durften viele Leser mit dem jungen Eragon aufwachsen; ein Phänomen, das vor allem Fans der Harry Potter-Geschichten kennen dürften.

Eragon entwickelte sich im Laufe der Serie zu einem stattlichen Drachenreiter, äußerlich mehr Elfe als Mensch, der kaum noch etwas gemein mit dem ärmlichen Jungen aus dem Palancar-Tal hatte. Er musste sich gegen Urgals behaupten, gegen seinen Halbbruder kämpfen und sich schließlich Galbatorix stellen, der einst die Dynastie der Drachenreiter stürzte.

Fans der Reihe haben die Hoffnung wohl nie aufgegeben, dass es eine Fortsetzung mit Eragon gibt, so dass nun das bange Warten ein Ende hat.

Paolini öffnet wieder die Pforten ins fantastische Alagaësia, einem Land, dessen zentrale Hadarac-Wüste so trocken ist, dass selbst Drachen nicht wagen, diese zu überfliegen; wo der Elfenwald Du Weldenvarden so endlos ist, dass kein Mensch sich darin jemals zurechtfinden könnte; und wo die Gipfel des Beor-Gebirges so hoch sind, dass diese von den Wolken verschluckt werden. Was haben wir alle die Abenteuer vermisst und auf neue Geschichten gewartet.

Den Starttermin von Die Gabel, die Hexe und der Wurm aus dem cbj-Verlag haben wir daher zum Anlass genommen, einmal auf die Anfänge zurückzublicken.

Kvetha Fricäya!

(Seid gegrüßt, Freunde!)

Christopher Paolini war selbst noch ein Kind, als er das Geschichtenschreiben für sich entdeckte. Zuhause von seiner Mutter unterrichtet, besuchte er nie eine öffentliche Schule, weshalb seine Familie für ihn immer der Lebensmittelpunkt war. Bücher waren für ihn ein Mittel, um der Wirklichkeit zu entfliehen, gerade fantastischen Welten zogen ihn in den Bann. Seien es Tolkiens Welt der Zwerge, Elfen und Hobbits, oder die komplexe Welt Midkemia aus der Feder von Raymond Feist: Sie weckten in ihm den Wunsch, eine eigene Welt zu schaffen. Und dieser Herausforderung stellte er sich mit bereits 15 Jahren.

Was als kleines Experiment begann, wurde schon bald Wirklichkeit: Alagaësia wurde größer und komplexer, seine Bewohner vielgestaltiger und lebendiger. Mit ihnen wurde schließlich Eragon geboren, als armer Bauer von selbst 15 Jahren. Beide, sowohl Eragon als auch Paolini, standen also vor der einen großen Herausforderung des Lebens, dem Erwachsenwerden. Doch wie sollte Paolini glaubhaft über etwas erzählen, das er selbst noch nicht kannte? In einem Interview verriet er einmal, dass ihm auch hier die Bücher halfen, die Welt des Erwachsenseins zu verstehen.

Auch eigene Erfahrungen ließ er in sein Werk einfließen. So war Paolini selbst in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, wusste also um die Schwierigkeiten, kein Geld zu haben, sich wenig leisten zu können. Eragon hat wohl von dieser Erfahrung viel mitbekommen. Erst in späteren Büchern, in denen Eragon einen gewissen Ruhm erlangte, seine Stellung als Drachenreiter ausbaute, brauchte er sich weniger Sorgen um seinen Unterhalt zu machen.

Ist das das Geheimnis für den Erfolg der Reihe? Dass Paolini eine so überzeugende Figur schaffen konnte, weil der Bezug zum realen Leben leicht herzustellen war? Zugegeben, Drachen vermag man in der Realität vergeblich suchen, und mit Schwert und Bogen kämpft man schon lange nicht mehr. Doch die Reihe um Eragon ist eben nicht nur auf reines Fantasy zu reduzieren. Vielmehr geht es auch um das Älterwerden, dem Loslösen von der Familie, darum herauszufinden, wer man ist und was die Welt für einen bereit hält.

Guliä waíse medh ono

(Das Glück sei mit dir)

Insgesamt vier Bücher der erfolgreichen Reihe sind erschienen: Angefangen bei Das Vermächtnis der Drachenreiter (Dt. 2004), dann Der Auftrag der Ältesten (Dt. 2005) und Die Weisheit des Feuers (Dt. 2008) sowie Das Erbe der Macht (Dt. 2011).

Allein die ersten beiden Bände verkauften sich weltweit 25 Millionen Mal. Der dritte Band hatte bereits eine Startauflage von 2,5 Mio. Exemplaren im englischen Sprachraum, in Deutschland waren es 750.000 Bücher. Insgesamt wurden die Bücher in 49 Sprachen übersetzt – Zahlen, von denen viele Autoren nur träumen.

Am allerwenigsten hätte der Autor wohl damit  gerechnet, als 2003 in den USA sein erstes Buch an den Start ging. Denn die Anfänge waren schwierig: Seine Eltern waren vom ersten Band so beeindruckt, dass sie es im Eigenverlag drucken ließen.  Damit zogen sie dann von Ort zu Ort, verkauften Bücher an Schulen, in Buchhandlungen und auf sonstigen Veranstaltungen – doch immer noch in kleiner Stückzahl. Der Erfolg wollte sich einfach nicht einstellen. Bis das Glück mit ihm war.

Eines Tages nämlich bekam der erfolgreiche amerikanische Autor Carl Hiaasen das Buch in die Hände und empfahl es begeistert seinem Verleger. Der kaufte prompt die Rechte und machte Paolini zu einem gefeierten Autor.

Klar, dass bald auch die Filmrechte verkauft wurden. Regie führen durfte Stefen Fangmeier, der als Visual Effects Artist bereits für Filmgrößen wie Jurassic Park, Der Soldat James Ryan und Lemony Snicket gearbeitet hat. Nun sollte also sein Regiedebüt mit Eragon – Das Vermächtnis der Drachenreiter folgen – und auch seine einzige Regiearbeit bleiben. Ob dies nun mit dem (Nicht-)Erfolg des Filmes zusammenhängt, bleibt Spekulation.

Verfilmungen haben es wohl immer schwer, den Geschichten in geschriebener Form gerecht zu werden. Vor allem, wenn eine so große Fanbase dahintersteht wie bei Eragon. Viele Fans haben kritisiert, dass zu schwerwiegende Änderungen gegenüber den Büchern vorgenommen wurden. Die Komplexität eines 600-seitigen Buches in einen einzigen Film zu quetschen ist an sich schon eine Leistung. Der wachsenden Buchreihe tat dieser Flop allerdings keinen Abbruch.

Elrun ono – Ein persönliches Dankeschön!

(Danke)

Für mich persönlich hat Eragon eine große Bedeutung. Ich war selbst zarte 15 Jahre alt - und offenbar schließt sich hier ein Kreis, da ich somit ebenfalls mit Eragon aufwachsen durfte -, als ich von meiner Mutter Das Vermächtnis der Drachenreiter zu Weihnachten bekommen habe. Ich habe mich natürlich artig bedankt und gefreut, doch insgeheim war ich enttäuscht über das Geschenk, das ich mir erst erlesen musste.

Man muss nämlich dazu wissen, dass ich vorher ein absoluter Lesemuffel war! Schullektüren wie Die Physiker oder Emilia Galotti blieben ungelesen, Kassenschlager wie Harry Potter und der Stein der Weisen oder Tintenherz blieben unbeachtet. Ja, man mag nun darüber verzweifelt die Hände über den Kopf schlagen, mich als Narren schelten oder den Ra’zacs und Urgals zum Fraß vorwerfen wollen, ich sehe ein, es war eine triste Zeit.

Schließlich wagte ich mich aber doch an den dicken Wälzer – und wurde hineingesogen. Seite um Seite verschlang ich, konnte nicht genug bekommen von Eragon, Saphira, der Elfin Arya und vor allem nicht der Kräuterhexe Angela. Sie alle wurden zu meinen Begleitern.

Es war diese Begeisterung über die Innigkeit zwischen Mensch und Drache, ein Seelenband, das seinesgleichen suchte und mich faszinierte. Einen großen Anteil hatte auch Paolinis Sprachgewalt, mit der er eine neue Welt erschaffen hat. Er vermittelte sie mir als eine Welt, die irgendwo draußen auf mich wartete. Vor allem aber zeigte er mir, dass man es mit bereits 15 Jahren schaffen konnte, ein ernstzunehmender Autor zu sein, der von Groß und Klein gefeiert wird.

Christopher Paolini hat es geschafft, mein Lesefieber zu wecken, das bis heute nicht ausgeblieben ist. Und ich bin davon überzeugt, dass seine Bücher auch heute noch, gut 15 Jahre später, ein hervorragender Einstieg in das fantastische Genre ist. Denn Drachen faszinieren nach wie vor, ihr Mythos ist es, der sie so besonders macht. Autoren wie Paolini halten diese am Leben und die Fantasie solcher Autoren ist es, die die Welt der Bücher so viel bunter macht – dafür elrun ono!

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